„Je weiter die Wissenschaft voranschreitet, desto unverzichtbarer wird die Philosophie, heute insbesondere eine Philosophie, die sich von der gedankenlosen antiessentialistischen Tendenz verabschiedet, welche im großen und ganzen die Philosophie und die Wissenschaften bestimmt.“[1] (Vittorio Possenti)
„Die Philosophie ist keine Geisteswissenschaft, sondern der Versuch zu verstehen, was diesem Dualismus zugrunde liegt.“[2] (Robert Spaemann.)
„Der Ausschluss der Teleologie ist jedoch kein Ergebnis, sondern ein von der modernen Naturwissenschaft aufgestelltes a priori Verbot.“[3] (Vittorio Possenti)
„Eine zweite Überlegung bezieht sich nicht mehr auf das pure Daß der Welt. Sie betrachtet sozusagen das Design der Welt; das Modell, in dem sie gebaut ist. Aus jedem ‚Es werde‘ ging ja nicht ein chaotischer Brei hervor. Je mehr wir von der Welt erkennen, desto größer tritt uns aus ihr eine Vernunft entgegen, deren Wege wir nur staunend nach–denken können. Durch sie hindurch sehen wir ganz neu jenen Schöpfergeist, dem auch unsere eigene Vernunft sich verdankt. […] Immer mehr lernen wir auch in das Allerkleinste, in die Zelle, in die Ureinheit des Lebendigen hineinzuschauen; auch hier entdecken wir eine Vernünftigkeit, die uns staunen lässt, so dass wir mit dem heiligen Bonaventura sagen müssen: ‚Wer hier nicht sieht, ist blind. Wer hier nicht hört, ist taub und wer hier nicht anfängt anzubeten und den Schöpfergeist zu loben, der ist stumm‘.“[4] (Joseph Ratzinger)
„Der Antiessentialismus der herrschenden Theorie, die nur De-facto-Ergebnisse evolutionären Zufalls kennt und keine gültigen Wesenheiten, die ihnen Sanktionen gäben, überliefert unser Sein einer Freiheit ohne Norm“[5] (Hans Jonas)
Mission und Charisma der Gustav-Siewerth-Akademie
Prof. Dr. Joseph Ratzinger, der spätere Kardinal und Papst Benedikt XVI. war in der Gründungszeit der Gustav-Siewerth-Akademie (GSA) für einige Jahre Dozent der interdisziplinären Wochenendseminare, die Alma von Stockhausen zusammen mit anderen namhaften Professoren und Gelehrten als Antwort auf die geistige und spirituelle Krise ihrer und unserer Zeit organisierte. Diese interdisziplinären Seminare waren aus dem Bierbronnener Philosophischen Kreis hervorgegangen, der sich aus ihrem Engagement neben ihrer ersten Anstellung als Assistentin eines Studentenpfarrers in Frankfurt entwickelt hatte. Über diesen philosophischen Gesprächskreis entstand auch der Kontakt und die Bekanntschaft mit dem Philosophen Gustav Siewerth. Gustav Siewerth wurde so zum Lehrer, Inspirator Alma von Stockhausens und Namensgeber der späteren Gustav-Siewerth-Akademie, die 1988 die staatliche Anerkennung erhielt.[6]
Was ist nun das spezifische philosophisch-theologische Charisma der Gustav-Siewerth-Akademie? Aufgrund der in Deutschland nach der Säkularisation üblichen Kirchensteuer gibt es hierzulande mehr theologische und philosophische Fakultäten und Hochschulen als anderswo auf der Welt. Insofern scheint die Frage nach dem spezifisch philosophisch-theologischen Charisma der Gustav-Siewerth-Akademie berechtigt zu sein. Was sind also die zureichenden Gründe dafür, dass Alma von Stockhausen die Berufung verspürte, der Kirche und der Welt am besten als Philosophin in ihrer eigenen Akademie zu dienen?
Der Ende 2022 verstorbene Papst Benedikt XVI. hat als junger Theologe 1958 in einem theologischen Essay, der heute besonders aktuell ist, relevante Gründe genannt, auf die Alma von Stockhausen später mit ihrer Philosophie und durch die Gründung der Gustav-Siewerth-Akademie eine Antwort von bleibender Gültigkeit gegeben hat. Ratzingers Aufsatz trägt den Titel „Die neuen Heiden und die Kirche“.[7] Er schreibt hierin:
„Das Heidentum sitzt heute in der Kirche selbst, und gerade das ist das Kennzeichnende sowohl der Kirche unserer Tage wie auch des neuen Heidentums, dass es sich um ein Heidentum in der Kirche handelt und um eine Kirche, in deren Herzen das Heidentum lebt. Der Mensch von heute kann also als Normalfall den Unglauben seines Nachbarn voraussetzen. […] Es wird der Kirche auf die Dauer nicht erspart bleiben, Stück um Stück von dem Schein ihrer Deckung mit der Welt abbauen zu müssen und wieder das zu werden, was sie ist: Gemeinschaft der Glaubenden“.[8]
Was sind die Voraussetzungen um wieder eine Gemeinschaft von Glaubenden zu werden? Diese Frage bewegte Alma von Stockhausen als Philosophin und Initiatorin ihres philosophischen Studienkreises. Sie motivierte sie zur Gründung der Gustav-Siewerth-Akademie, die organisch aus ihrem philosophischen Studienkreis hervorging. Diese Frage bewegt uns auch heute. Zeiten der Krise sind in Gottes Vorsehung auch immer Zeiten der Gnade. Denn der Sämann hat den Acker bestellt - von uns wird nur verlangt, die Saat als solche zu erkennen und zu nähren. Solch eine Saat - solch ein Senfkorn ist die Philosophie Alma von Stockhausens und ihre Gründung der Gustav-Siewerth-Akademie. Aufgabe und das Vermächtnis ihrer Philosophie und Akademie ist es, ausgehend vom deutschsprachigen Raum, zur Erneuerung der Kirche beizutragen. Dies kann insbesondere durch eine philosophisch-theologische Erneuerung der Priesterausbildung im Geiste der Theologie und Philosophie der Gustav-Siewerth-Akademie geschehen. Für diesen Ansatz und seine Verwirklichung durch die Gründung der Gustav-Siewerth-Akademie wurde sie von Papst Benedikt XVI. mit dem Gregorius-Orden ausgezeichnet. Das Senfkorn ist klein und unscheinbar. Leicht wird es von unachtsamen Augen übersehen und von achtlosen Füßen zertreten. Es liegt in unserer Verantwortung, das Vermächtnis Alma von Stockhausens als solches zu erkennen, zu pflegen und für die Zukunft fruchtbar zu machen. Die beste Zeit dafür ist die Zeit der Krise, auch wenn die Talsohle vielleicht noch nicht erreicht ist.
Glaube und Vernunft
Kehren wir also zur Ausgangsfrage zurück: Was sind die Voraussetzungen, um wieder eine Gemeinschaft von Glaubenden zu werden? Der katholische Glaube ist ein vernunftbasierter Glaube. Das heißt, es kann keinen Widerspruch geben zwischen den Glaubenswahrheiten, die durch die Tradition und das Lehramt der katholischen Kirche verkündet werden, und der Vernunfterkenntnis. So stehen auch die echten Erkenntnisse der Naturwissenschaften und anderer Wissenschaften, wie der Philosophie nicht im Widerspruch zu den geoffenbarten Glaubenswahrheiten. Denn es gibt nur eine Wahrheit. Es kann also Edmund Husserl zugestimmt werden, wenn er schreibt: „Keine Wahrheit ist aber in der Wissenschaft isoliert, sie tritt mit anderen Wahrheiten zu theoretischen Verbänden zusammen, geeinigt durch Verhältnisse von Grund und Folge“.[9]
Das obige Schaubild veranschaulicht, dass es verschiedene Arten von theologischen Wahrheiten gibt, nämlich solche, die eine Schnittmenge mit der Philosophie bzw. der Vernunfterkenntnis aufweisen, und solche, die keine Schnittmenge mit der Philosophie aufweisen. Theologische Wahrheiten, die auch mit der menschlichen Vernunft erkannt werden können, z.B. dass der Mensch eine Geistseele besitzt oder dass Gott existiert, sind ausdrücklich Gegenstand der Philosophie. Wenn diese mit der natürlichen Vernunft erkennbaren Wahrheiten nicht anerkannt werden, fehlt dem übernatürlichen Glauben gewissermaßen die natürliche Voraussetzung.[10]
Andere theologische Wahrheiten, die wir mit der menschlichen Vernunft nicht erkennen können, z.B. dass es nach der christlichen Offenbarung drei göttliche Personen gibt usw., sind nicht unmittelbar und ausdrücklich Gegenstand der Philosophie.
„Die allzu einfache Arbeitsteilung zwischen Wissenschaft und Philosophie - der Wissenschaft die res extensa und der Philosophie das Denken - ist inzwischen zum Hindernis für die Erkenntnis, insbesondere für jene bezüglich des Lebens geworden, das sich in jeder Hinsicht dagegen sperrt, auf bloße Ausdehnung reduziert zu werden.“[11] (Vittorio Possenti)
„Die Duhem-Quine-These könnte in die Ideengeschichte eingehen, da sie einen radikalen Wandel in unserem Verständnis von der Natur des menschlichen Wissens und des wissenden Menschen signalisiert.“[12] (Sandra G. Harding)
„Die Notwendigkeit der Philosophie für die Naturwissenschaften lässt sich leicht verstehen, wenn man die Entwicklung der Naturwissenschaften aus der Sicht Kuhns betrachtet. Thomas Kuhn beschreibt den Fortschritt in den Naturwissenschaften nicht als linearen Prozess der theoretischen Formulierung und experimentellen Verifizierung oder Widerlegung naturwissenschaftlicher Theorien, sondern als Revolutionen und Paradigmenwechsel (Kuhn 1962). Ein Paradigma ist für Kuhn kein Kochbuchrezept über die mathematischen Gesetze und mechanischen Abläufe des Universums oder eine Reihe von Gleichungen und technischen Begriffen und Verfahren. Zu den Paradigmen gehören die Art und Weise, wie die Welt betrachtet wird, Praktiken der Instrumentierung, Forschungstraditionen, gemeinsame Werte und Überzeugungen darüber, welche Fragen als naturwissenschaftlich angesehen werden. […] Naturwissenschaftler, die in verschiedenen Paradigmen arbeiten, sehen die Welt auf unterschiedliche Weise, wie Kuhn betont hat. Ihre Grundannahmen über die Arten von Entitäten, die es in der Welt gibt, unterscheiden sich ebenso wie die Arten von primären Eigenschaften, die sie diesen Entitäten zuschreiben. Naturwissenschaftler, die in verschiedenen Paradigmen arbeiten, können, wie Einstein und Bohr, unterschiedlicher Meinung darüber sein, was eine gute Theorie oder eine gute Erklärung ausmacht oder was es bedeutet, ein Problem zu verstehen. Mit anderen Worten: In jedes naturwissenschaftliche Paradigma ist ein breites Spektrum an ontologischen, epistemischen und ethischen Voraussetzungen eingewoben […] Wenn es zutrifft, dass ein Paradigma ohne eine solche Reihe expliziter oder zumindest stillschweigender Voraussetzungen nicht entstehen, Unterstützung gewinnen, seine Konkurrenten besiegen, sich konsolidieren und schließlich sterben kann, dann müssen die Voraussetzungen ein inhärenter und notwendiger Bestandteil der Naturwissenschaft sein, die als Streben nach Wahrheit betrachtet wird.“[13] (Sebastian De Haro)
Vernünftiger Glaube und eine kohärente Weltsicht
Eine kohärente Weltanschauung ist somit möglich und wünschenswert. Innerhalb einer kohärenten Weltanschauung ist es leichter, den ganzen katholischen Glauben einerseits zu verkünden und andererseits zu leben. Dabei geht es nicht in erster Linie um Verbote, sondern um eine Anleitung für ein gelingendes Leben. Dass ein kohärentes Weltbild für Christen heute vielfach verloren gegangen ist, bezeugen nicht zuletzt - um mit Spaemann zu sprechen - die Kinder im Religionsunterricht, die den christlichen Religionslehrer auslachen, wenn er anfängt, von Gott und der Schöpfungslehre zu sprechen.[14]
Das evolutive Weltbild ist damit heute vielfach – als sizientistischer Religionsersatz – an die Stelle der wahren Religion getreten. Die Konsequenzen aus diesem beschriebenen Sachverhalten sind schwerwiegend, wie mit Ratzinger betont werden darf: „Wenn Religion mit elementaren Gewißheiten einer Weltsicht nicht in Einklang zu bringen ist, löst sie sich auf“.[15]
Ein adäquater Weg
Ein interdisziplinärer Ansatz, wie ihn uns Alma von Stockhausen mit ihrer Philosophie und Akademie anbietet, ist hier der richtige Weg zur Wiedergewinnung eines kohärenten Weltbildes: Obwohl ich mich täglich mit einem elektrischen Rasierapparat rasiere, kann ich - entgegen z.B. der Meinung von Karl Barth – aus guten Gründen (begründeterweise) an Wunder glauben:[16] Der christliche Gott ist kein deistischer Demiurg, der nur durch Zweitursachen wirkt. Wäre der christliche Gott ein deistischer Demiurg, müsste Richard Dawkins zugestimmt werden, wenn er schreibt:
“Die katholische Moral verlangt das Vorhandensein einer großen Kluft zwischen dem Homo sapiens und dem Rest des Tierreichs. Eine solche Kluft ist grundsätzlich anti-evolutionär. Die plötzliche Einfügung einer unsterblichen Seele in die Zeitlinie ist ein anti-evolutionäres Eindringen in den Bereich der Wissenschaft.”[17]
Der Mensch „kann nicht zwei Herren dienen“ – entweder haben wir begründeter Weise ein christliches Weltbild oder ein dialektisch-materialistisches bzw. evolutionistisches. Ein dialektisch-evolutionistisches Weltbild, wie es uns z.B. von Karl Rahner im Grundkurs des Glaubens vermittelt wird, ist weder kohärent noch christlich (ganz abgesehen von der Freudlosigkeit, die ein solcher Ansatz verursachen kann, denn nur der authentische Glaube kann ein befreiender, freimachender und freudiger Glaube sein…).
„Ein Schöpfer, der an der Evolution, nicht auf die ihm allein vorbehalten, nicht mittelbare, schöpferische Weise beteiligt wäre, der nur zum wirken ermächtige, dass dann freilich kein schöpferisches Wirken sein könnte (sondern nur eine Verursachung geschöpflichen Tuns), der hätte mit dem kosmischen Geschehen nichts zu tun, und wäre ihm, wie der Gott des Deismus überhoben. Wenn aber Schöpfung und Evolution, aus Gründen des lebendigen Gottesglaubens, wie aus Gründen eines theologischen Schöpfungsverhältnisses einander zugeordnet bleiben sollen, so ergibt sich die letzte Frage nach einer genaueren ontologischen Bestimmung dieser Zuordnung. Die Antwort kann erklären, daß die Erschaffung ohne Bewegung und Zeit erfolgt, auch wenn sie die zeitliche Wirklichkeit betrifft. Sie bedeutet etwas Metaphysisches, nämlich die Stiftung einer neuen Seinsbeziehung des personalen Gottes. Deshalb ist der Schöpfungsakt nicht so sehr von der causa efficiens zu deuten, als von der Form her und von der Partizipation an ihr. Eine Verzeitlichung Gottes findet hier genauso wenig statt wie bei der Erschaffung der Welt in der Zeit: der ewige Akt Gottes wird einer Raum-Zeit-Stelle koexistent. Umgekehrt wird das Geschöpf mit seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten nicht ausgeschaltet. Es steht dem schöpferischen Tun Gottes auch nicht rein passiv gegenüber. Es ist kraft seiner Gottesbeziehung befähigt, den neuen Seinsakt selbsttätig anzunehmen und aktiv zu empfangen. Es ist auch an dem Entstehen des Neuen, nicht unbeteiligt. Die Geschöpfe sind mit ihrer Potenzen und Aktivitäten in das Geschehen einbezogen. Aber diese Aktivität reichen sozusagen nicht an die neue Wesensform heran. Diese wird allein von der schöpferischen Wirkung Gottes hervorgebracht, die alles geschöpfliche Wirken, um greift und überbietet.“[18] (Leo Scheffczyk)
Es gibt also keinen wirklichen Konflikt zwischen der christlichen Weltanschauung und der Wissenschaft, zu der auch die Naturwissenschaft gehört, sondern es gibt vielmehr Konflikte zwischen gegensätzlichen Weltanschauungen, wie z.B. der christlichen und der naturalistischen bzw. evolutionistischen Weltanschauung. Eine dialektische Weltanschauung bzw. ein dialektisches Glaubenssystem ist z.B. der Evolutionismus, da er Antworten auf die grundlegenden Fragen des Menschen geben kann, wie z.B. “Warum existiert das Universum?”, “Warum existiere ich?”, “Was ist der Sinn meines Lebens?”, “Was geschieht nach meinem Tod?”, “Gibt es einen transzendenten persönlichen Gott?”.
Die dialektische Interpretation der Wirklichkeit ist vollkommen kompatibel mit der naturalistischen Weltanschauung bzw. dem Naturalismus. Unter Naturalismus wird ein starker metaphysischer / ontologischer Naturalismus als auch ein starker methodologischer Naturalismus verstanden, der u. a. die Auffassung verteidigt, dass es z.B. so etwas wie einen menschlichen Geist / Intellekt als urphänomenale Entität nicht geben kann, alles sei vielmehr „Natur“, d. h. chemisch, physikalisch, biologisch untersuchbar und letztlich auch erklärbar, wenn das Wissen bzw. die Naturwissenschaften weit genug fortgeschritten sind.
Ist der Mensch ein Produkt von Zufall und Notwendigkeit?
„Der Personalismus behaupten in der Tat, daß es im Menschen etwas auf die kosmische Natur Irreduzibles gibt: der Mensch ist nicht Weltgegenstand, nicht etwas auf Welt Reduzibles, sondern ein Wesen, daß mit Sellstverständnis und Selbsterfahrung als geistigen Wirklichkeiten ausgestattet ist. Der Personalismus bildet den Gegenpol zu jenem aktuellen anthropologischen Radikalismus, der im angelsächsischen und vielleicht in besonderer Weise im amerikanischen Bereich verbreitet ist und zunächst die Idee der Person, dann die einer menschlichen Wesensnatur beiseite setzt, um beim Menschen als Zufallsprodukt zu endigen.“[19] (Vittorio Possenti)
Es kann also nach dem Naturalismus keinen diesem Universum transzendenten nichtmateriellen persönlichen Gott geben. In diesem Sinn ist der plumpe Materialismus und auch der kompliziertere dialektische Materialismus metaphysisch, denn auch antimetaphysische Thesen und Auffassungen enthalten metaphysische Urteile oder behauptete Urteilsinhalte über in der Wirklichkeit existierende Sachverhalte. Innerhalb des dialektischen Materialismus kann es zwar auch einen Gott geben, aber dieser ist nicht von der materiellen Natur, dem materiellen Ganzen oder der materiellen Welt unterschieden… Das heißt, der dialektische Gott ist weder reiner Geist im klassischen metaphysischen Sinn, noch ist er ein personales und transzendentes Seiendes.
„Der evolutionistische Naturalismus impliziert, dass wir keine unserer Überzeugungen ernst nehmen sollten, auch nicht das wissenschaftliche Weltbild, auf dem der evolutionistische Naturalismus selbst beruht.“[20] (Thomas Nagel)
Alma von Stockhausen verteidigt mit ihrer Philosophie, wie z.B. auch Joseph Ratzinger,[21] Thomas Nagel, Robert Spaemann, Josef Seifert[22] et al. die These, dass die „materialistische neodarwinistische [also evolutionistische] Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist“, da sie u. a. den Phänomenen, wie z.B. dem rationalen Leben bzw. dem rationalen menschlichen Geist und damit dem Sein der menschlichen Person nicht gerecht werden kann, ohne diese reduktionistisch um- bzw. wegzuinterpretieren. Dies hängt mit dem szientistisch-naturalistischen Wirklichkeitsverständnis zusammen, das unter anderem auf einer nihilistisch-reduktionistischen Seinsauffassung beruht. Nach der dialektischen Wirklichkeitsdeutung kann das Sein des Menschen als höher entwickelte Materie verstanden werden, die im Menschen Bewusstsein erlangt hat.
Materie und Geist sind so - metaphorisch verstanden - zwei Seiten der einen Medaille. Dialektisch verstanden ist der Mensch also eine Widerspruchseinheit von Geist und Materie, ohne so etwas wie eine unveränderliche Soseinseinheit bzw. ein unveränderliches sinnvolles Wesen zu besitzen. Die menschliche Person ist also nach diesem dialektischen Verständnis folglich keine geistige Person in einem Leib. Auch besitzt sie keine unverlierbare ontologische Würde. Sie ist vielmehr eine Entwicklungsstufe oder Entwicklungsphase innerhalb der Geistwerdung der Materie. Personsein ist - dialektisch verstanden - etwas Graduelles. Entsprechend wird Personsein als etwas verstanden, das durch „Anhäufung von Materie“ konstituiert wird. Dialektisch verstanden besteht also zwischen Tier und Mensch nur ein gradueller, kein qualitativ-wesenhafter Unterschied. Gleiches gilt nach dialektischer Auffassung für Materie und Lebewesen.
„Auch hier stoßen wir auf eine Reihe verwandter Ideen, die das Spezifikum der menschlichen Person darstellen und die die radikale Überlegenheit der Person über alle nicht-personalen Seinsweisen aufzeigen: Verpflichtung, Rechtfertigung, Belohnung und Bestrafung, Gewissen, Schuld, Verantwortung. Es gibt einfach keinen schuldigen Schimpansen, keinen Affen, den wir zu Recht für etwas verantwortlich halten, und auch keinen Hund, der eine Strafe für seine Unsittlichkeit verdient. Die Absurdität wird nicht geringer, wenn wir versuchen, uns bestimmte moralische und unmoralische Handlungen bei Tieren vorzustellen, etwa eine Katze, die verzeiht, oder einen Hund, der bereut, oder der wahrhaftig ist, oder einen Affen, der in der Verzweiflung lebt, von der Kierkegaard spricht, oder ein Eichhörnchen, das ungerecht ist oder voller Groll. Solche moralischen und unmoralischen Handlungen sind nicht in einer primitiven Form bei Tieren zu finden; sie sind einfach überhaupt nicht bei Tieren zu finden; Tiere sind aus dem Bereich der Moral völlig ausgeschlossen.“[23] (John F. Crosby)
Diese ontologische Auffassung hat weitreichende philosophische Konsequenzen. Demnach gibt es so etwas wie eine notwendige Soseinseinheit, ein Wesen der Person bzw. des Menschen nicht. Mit anderen Worten: Die menschliche Person besitzt nach dieser dialektischen These keine notwendige Seinseinheit, sondern eine chaotische, d.h. zufällige Soseinseinheit.
Verschiedene Soseinseinheiten, ihre spezifischen Charakteristika und Beziehungen. (Die mit einem × gekennzeichneten Schnittmengen der Venn-Diagramme sind leer)
Unter diesen Prämissen hat der Mensch, hat die menschliche Person keine unveränderliche Natur, kein unveränderliches notwendiges Wesen, sondern eine veränderliche Natur bzw. ein veränderliches Wesen. Folglich wird innerhalb dieses dialektisch-empirisch-funktionalistischen Grundaxioms der Wesenswandel zum Hauptmerkmal und Paradigma des Menschen bzw. der menschlichen Person - πάντα ῥεῖ. Somit kann Vittorio Possenti zugestimmt werden, wenn er schreibt:
„Die apriorische Zurückweisung der Wesensbestimmungen, die mit einem Laut (flatus vocis) ohne jede Bedeutung verglichen werden, ist eine verbreitete Haltung, während der Antiessentialismus nichts anderes als eine Form des Nihilismus ist.“[24]
Die Konsequenzen der Dialektik (und deswegen auch der lutherischen Theologie) für das Verständnis der menschlichen Person hat besonders Berthold Wald herausgearbeitet.[25] Zerstörung, Vernichtung und Tod (survival of the fittest) sind daher dialektisch verstanden notwendige Prozesse der ständigen Höher- und Fortentwicklung. Sie werden als notwendige Schritte des ewigen dialektischen Werde- und Vergehensprozesses verstanden. In diesem Prozess können sich die Teile, indem sie sich vom Ganzen entzweien und vereinzeln, erst als dessen Teile begreifen. Berthold Wald fasst Luthers Thesen zum menschlichen Personsein so zusammen:
„Person ist dabei nicht schon der Mensch. Person zu sein ist überhaupt nichts Substanzartiges. Ihr Sein besteht allein durch den Glauben an Christus und auch nur innerhalb dieser Beziehung, weshalb auch der Subjektbegriff nicht anwendbar ist.“[26] „Analog dazu kann man auch von einem veränderten Begriff des sittlichen Handelns sprechen, der dem tugendethischen Begriff des Sittlichen entgegengesetzt ist. Daß Luther zwischen dem Sein des Menschen und dem Sein der Person strikt unterscheidet, ist nicht bloß eine Folge seiner Paulus-Exegese, deren anthropologischer Kern in der Aussage besteht: ‚totus homo caro est‘ – der ganze Mensch ist Fleisch, d.h. er sucht in allem nur sich selbst.“[27] „Das Sein der Person hängt ab von der Relation, die durch den Glauben eröffnet wird.“[28] (Berthold Wald)
Eine dialektische Philosophie und eine dialektische Theologie machen die Katholiken, um mit Ratzinger zu sprechen, zu Heiden im Herzen der Kirche. Durch die dialektische Philosophie und Theologie können sie den Schein des Glaubens wahren, obwohl sie sich in Wahrheit in eine Gemeinschaft von Heiden verwandelt haben. Die dialektische Interpretation der katholischen Glaubenslehre hat sich besonders und nachhaltig in Luthers Theologie ausgedrückt. Hierauf macht insbesondere Theobald Beer (Lutherforscher – auch an der Gustav-Siewerth-Akademie) durch die Herausarbeitung des dialektischen Grundmotivs der lutherischen Theologie innerhalb seiner Monographie „Der fröhliche Wechsel und Streit“, aufmerksam.[29] Beer zeigt darin ausgehend von dem mythologischen Bild des „geköderten Leviatan“ dass in Gott, nach der Auffassung Luthers, ein „Gigantenkampf“ stattfindet:[30] Denn Christus ist als Mensch der Köder an der Angel, der den Satan täuscht und so ködert – Satan, der Christus verschlingen will, wir nun selbst innerhalb des Gigantenkampfes verschlungen, da er nicht gegen den Angelhaken, der die Gottheit ist, ankommt. Dies Bild erklärt auch die Rechtfertigung des Sünders, der in der Taufe mit Christus vermählt und eins wird und so zum „Simul iustus et peccator“ wird.[31] So ist es auch nicht für das Heil des Menschen hinderlich, wenn im Menschen Gotteshass ist, „den der Teufel den Menschen widerwillen abpreßt”,[32] In Luthers Hebräervorlesung (1517/1518) heißt es deswegen:
„Wie (sicut) nämlich Christus durch die Vereinigung mit der unsterblichen Gottheit den Tod im Tod überwand, so (ita) überwindet der Christ durch die Vereinigung mit dem unsterblichen Christus (die durch den Glauben an ihn geschieht) ebenfalls im Sterben den Tod und so vernichtet Gott den Teufel durch den Teufel selbst und verrichtet durch das fremde Werk sein eigenes Werk.“[33]
Das dialektische Denksystem als Pseudophilosophie
Seit der Mensch philosophiert, gibt es dialektische Denksysteme. Z.B. bei Heraklit - „alles fließt“, „[m]an kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.“[34] Die Triebkraft allen Seins ist nach diesem kontraintuitiven Verständnis die ständige Entwicklung (Evolution). Die fortwährende Evolution wohnt also dem Sein inne - sie ist sein Konstitutionsprinzip. Es gibt also weder notwendige ewig gleichbleibende Wesenheiten bzw. Seinseinheiten noch unveränderliche sinnvolle Seinseinheiten - vielmehr herrscht der ständiger Wandel aller Dinge, auch der Wesenheiten. Die metaphysisch gedachten gleichbleibenden Wesenheiten werden innerhalb des dialektischen Denksystems zu Widerspruchseinheiten, die mit sich selbst zugleich identisch und in derselben Hinsicht nicht-identisch sind. Das neue und seinem Selbstverständnis nach fortschrittliche Paradigma des dialektischen Denkens ist also der ständige Wesenswandel - πάντα ῥεῖ.
Widerspruch und Wesenswandel als konstitutive Elemente des dialektischen Denkens
Ein Grundelement des dialektischen Denkens ist der stetige Wandel. Diese ständigen Veränderung allen Seins macht den Widerspruch des Seins aus. Was heißt das? Es gibt die Welt und die Wirklichkeit nur als Widerspruchseinheit – das Ganze umfängt seine Teile und entwickelt sich als Widerspruchseinheit zum Ganzen bzw. zum Teil. Dieser fortwährende Prozess des Werdens ist ein Entwickeln und Erkennen des Ganzen in seinen Teilen und ein „Bewusstwerden“ der Teile als Teile des Ganzen. So wie das menschliche Denken ein Denken in bestimmten Parametern ist, z.B. nach Kant - in Raum und Zeit, so kann auch der kontradiktorische Widerspruch nicht als solcher gedacht werden. Man denkt entweder das Ganze oder den Teil des Ganzen. Ganzes und Nicht-Ganzes zugleich kann der Mensch nicht denken. Genauso wenig wie ein Holzeisen gedacht werden kann. Das Nicht-Denken-Können des dialektischen Seienden ist aber nach dialektischem Selbstverständnis keine Widerlegung, sondern vielmehr ein Beweis seiner Richtigkeit. Diese Richtigkeit schließt nach dialektischem Verständnis freilich die gleichzeitige Falschheit dieses Denkens ein. Es wird also deutlich, dass dialektisches Denken immer Bejahung und kontradiktorische Verneinung, und zwar gleichzeitig und in der selben Hinsicht, einschließt.
„Es gibt nicht ein bloß das Werden, in dem sich ständig alles verändert, sondern es gibt das Beständige, die immerwährenden Ideen, die die Wirklichkeit durchleuchten und ihre ständigen Leitprinzipien sind. Es gibt die Beständigkeit, und sie ist so beschaffen, daß jeder Organismus streng sein Muster, das Projekt, das er ist, wieder weitergibt. Ein jeder Organismus ist – wie Monod ausdrückt – konservativ angelegt. Er reproduziert sich selbst in der Fortpflanzung genau wieder. Monod formuliert demgemäß: Für die moderne Biologie ist die Evolution, keine Eigenschaft, der lebendigen Wesen, sondern ihre Eigenschaft ist gerade, daß sie unveränderlich sind: Sie geben sich weiter; Ihr Projekt bleibt.“[35] (Joseph Ratzinger)
Sind diese neuen dialektischen Denkregeln einmal verstanden - kann dieses Denksystem beliebig auf und mit den verschiedenen Phänomenen der Wirklichkeit angewendet werden. Es ist ein „Glasperlenspiel“, durch das das Denken verzaubert wird und der Denkende zum „tiefen“ Denker werden kann, weil er nun als Dialektiker die Wirklichkeit anders versteht und sich entsprechend mitzuteilen weiß. Es handelt sich um eine Art esoterisches Denken, das für Nichteingeweihte kaum zu durchschauen ist. Die gedankliche Tiefe entsteht durch die scheinbare Komplexität und Unverständlichkeit - weil das dialektische Denken sich ständig widerspricht und widersprechen muss. Die vermeintliche Tiefe entpuppt sich also als Schein, der durch den ständigen Widerspruch entsteht.
„Wer das Thema Evolution ernst nehmen will, kann es nur als ein Ereignis begreifen, das eine substanzielle Transformation hervorbringt, aus der ein neues Lebewesen hervorgeht, das es vorher nicht gab. Dieser Ansatz unterscheidet sich von dem, bei dem die Evolution als einfache Entfaltung des ursprünglich Gegebenen dargestellt wird, bei dem - wie Bergson zu behaupten scheint - keine substanziellen Transformationen stattfinden, sondern die Entfaltung eines einzigen Flusses von Leben und élan vital, der niemals endet und wohin er führt, wissen wir nicht.“[36] (Vittorio Possenti)
Eine weitere Stärke des dialektischen Denkens ist seine unglaubliche Anpassungsfähigkeit, vergleichbar mit der des Wassers. Durch dialektisches Denken kann alles neu verstanden und interpretiert werden. Dazu bedarf es nicht einmal einer neuen Terminologie. Das dialektische Denken ist in der Lage, jedes Denksystem zu kapern, indem es sich dessen Begrifflichkeit und Denkprinzipien bedient und es durch eine gewisse Uminterpretation dieser Begrifflichkeit und Denkprinzipien in das eigene Denksystem integriert und damit überwindet. Indem sie andere Denksysteme, wie z.B. die Metaphysik überwindet, hebt es diese auf. So werden diese philosophischen Systeme als Phasen in der Entwicklungsgeschichte des “Denkens an sich” verstanden. Dieses “Denken an sich” ist freilich dialektisch. Indem es alle bisherigen Denksysteme überwindet, drückt es auch ihren jeweils niedrigeren Entwicklungsstand aus. Folglich versteht sich der Dialektiker als Vordenker, der anderen Menschen und Denksystemen gewissermaßen „Entwicklungshilfe“ leistet. Diese ständige Weiterentwicklung - Höherentwicklung - gehört zum Sein des dialektischen Denksystems.
Dialektisches Denken durchschauen
Durchschauen heißt verstehen. Obwohl der Widerspruch für das dialektische Denken wesentlich ist, kann es dennoch „verstanden“ werden. Mit Hilfe des entsprechenden Verstehensschlüssels der Dialektik macht das dialektische Denken plötzlich Sinn - auch wenn es seiner „eigenen Logik“ folgt… Die neue dialektische Logik erlaubt es, die Wirklichkeit in einem anderen Licht zu sehen. Metaphysische Begriffe werden aufgegriffen und mit einem neuen - dialektischen - Sinn versehen. Im Rückgriff können so didaktische Denksysteme, z.B. in Philosophie und Theologie, für den geschulten Blick als solche erkannt und durchschaut werden. Dass dies mitunter kein leichtes Unterfangen ist, macht die Metapher des Chamäleons deutlich. Das dialektische Denken gleicht in seiner Anpassungsfähigkeit dem Chamäleon. Das heißt, es kann sich mit jedem Denksystem arrangieren und an dieses anpassen und erlangt so die Fähigkeit, neue und fremde Konzepte, Subsysteme oder ganze Systeme leicht gedanklich aufzunehmen, anzupassen und so in das eigene dialektische Denksystem zu integrieren.
Das Verdienst Alma von Stockhausens
Die Bedeutung der Wahrheit für die menschliche Person kann kaum überschätzt werden. Sie gleicht dem Licht, das alles erleuchtet. Mit der Bejahung dieses behaupteten Sachverhaltes wird auch die Bedeutung und die Aufgabe der Philosophie an sich und insbesondere des philosophischen Aufbruchs deutlich, den die Philosophie Alma von Stockhausens darstellt. Die Suche und das Streben nach Wahrheit sind Aufgabe und Sinn des menschlichen Lebens. Das Leben der erkannten Wahrheit ist das Abenteuer und das Ziel des menschlichen Lebens. Sinn und Wahrheit sind Geschwister. Für wen die Wahrheit bedeutungslos ist oder wird, der verliert mit großer Wahrscheinlichkeit über kurz oder lang auch den Sinn des Lebens. Gelebte Wahrheit ist menschliche Eigentlichkeit. Diese Form der Wahrheit heißt Veritas Vitae. Erkennen und Handeln gehören hier zusammen. Gelebte Wahrheit verändert das Leben und die Gesellschaft. Nur der gelebte Sinn kann erfüllen und zufrieden machen. Es gilt, wie dies Alma von Stockhausen durch die Gründung und Leitung der Gustav-Siewerth-Akademie vorgelebt hat, die erkannte Wahrheit zu leben und auch auszusprechen - dies bei anderen Menschen zu tolerieren und wertzuschätzen, heißt den Anderen als menschliche Person zu bejahen.
Die Bedeutung und die philosophische Leistung meiner philosophischen Lehrerin Alma von Stockhausen liegt meines Erachtens vor allem darin, dass durch das Aufgreifen, Weiterentwickeln und Vertiefen ihrer philosophischen Einsichten eine Antwort auf die grundlegende und aktuelle Frage nach der Überwindung des dialektischen Denkens gegeben werden kann. Diese Antwort ist wiederum kein Widerlegungsversuch, denn dieser wäre im Falle des dialektischen Denkens zum Scheitern verurteilt. Vielmehr ist dieser Antwortversuch in der Lage, das dialektische Denken durch Einsicht in seine inneren konstitutiven Denkprämissen innerlich durchschauen zu lernen. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse können wir, indem wir das dialektischen Denken verstehen, seine Welt- und Wirklichkeitssicht durchschauen und seinen wahren Charakter erkennen…
So können wir mit Alma von Stockhausen ganz konkret einen Antwortversuch auf die Glaubenskrise in weiten Teilen der katholischen Kirche in Deutschland und der Welt geben. Es kann keinen authentischen Glauben geben, wenn dieser nicht verkündet wird. Es kann aber auch keine katholische Verkündigung geben, wenn keine gesunde theologische Lehre (der Tradition und dem Lehramt entsprechende) gedacht und gelehrt wird. Selbst wenn dies gewollt ist, kann dies ohne eine gesunde Philosophie nicht gelingen.
Denn der katholische Glaube ist folglich immer ein Vernunftglaube, der die Einsicht und das Verständnis der Vernunft voraussetzt und keineswegs im Widerspruch zu einer adäquaten Vernunfterkenntnis steht, auch wenn er diese z.B. durch ein striktes Offenbarungswissen überformt und vervollkommnet.[37]
Das dialektische Denken ist letztlich deshalb so erfolgreich, weil es einerseits methodisch schwer zu durchschauen ist - es könnte auch als esoterische Wissenschaft bezeichnen werden - und gleichzeitig den Angelpunkt der Weltgeschichte durch Umdeutung aus den Verankerung heben will. Metaphysische und christliche Begriffe bleiben erhalten - werden aber durch dialektisches Denken diametral umgedeutet. Das Geschenk der unendlichen Liebe Gottes - die zweite göttliche Person, die aus unendlicher Liebe zu uns Menschen Mensch wird, um uns zu erlösen - tut dies nach dialektischem Verständnis nicht aus Liebe, sondern aus Notwendigkeit. Der Tod wird im evolutionären Weltprozess zum Schöpfer aller Dinge. Der Tod wird im dialektischen Denken zum Prinzip des Schaffens und Werdens pervertiert…
Ein pervertiertes Denksystem kann nicht durch bloßes Denken und Widerlegen überwunden werden. Dazu bedarf es mehr… – Gelebte Wahrheit – sich selbst aufopfernde Liebe – Eine Liebe, die sich für uns am Holz des Kreuzes als unser uns erlösender göttlicher Freund hingegeben hat und so im Tod den Tod durch das Leben ein für allemal besiegt hat.
Dies philosophisch zu durchdenken, aufzuzeigen und zu leben, hat uns Alma von Stockhausen in vorbildlicher Weise vorgelebt – wir sind aufgerufen – ihr darin zu folgen.
Anhang: Inhaltlich relevante Zitate Alma von Stockhausens
Stockhausen Alma von. Mythos Logos Evolution: Dialektische Verknüpfung Von Geist Und Materie. Hänssler 1981:
- S. 10: „Was ist das Werden – Entwicklung – Höherentwicklung – Evolution? Wo liegt der zureichende Grund für diese Bewegung? Oder ist Werden Verschränkung von Sein und Schöpfung des perfekten göttlichen Seins der zureichender Grund der Bewegung?“
- S. 10: „Sind wir geworden aus der Selbsthingabe des Höchsten oder durch Selbstorganisation des Untersten, durch Evolution?“
- S. 10: „Sollen wir die vorgefundene Materie als Bausteine der Selbstverwirklichung oder als Gabe der schenkenden Selbstmitteilung an den anderen begreifen?“
- S. 12: „dialektische Verspannung von Geist und Materie“
- S. 22: „Die Geschichte, die der Mythos erzählt ist der dialektische Prozess. […] Ist hier in dem unterscheidenden Werdegang der Natur zum Geist in eins gesetzt.“
- S. 24: „Soll das Böse – die Tötung als Entwicklungsprinzip – sanktioniert werden, oder soll die Tötung durch schenkende Liebe sanktioniert werden?“
- S. 30: „gäbe es die Substanz der Einzeldinge nicht, müssten alle Dinge mythologisch als Teilstücke einer erst herzustellen Ganzheit betrachtet werden.“
- S. 30: „Der Widerspruch von Geist und Materie als Ausdruck der Sünde.“
- S. 64: „Die Verknüpfung von Geist und Materie – der Mensch als Synthese beider Prinzipien ist Abbild jenes Gottes, dessen Wesen als schenkende Liebe offenbart wird.“
- S. 64: „Sünde bedeutet Tötung jener Geschichte des Geistes, der sich inkarniert, um den anderen bei sich entgegenzunehmen.“
- S. 69: „Wie sollte der griechische Gott die Freiheit besitzen, seine Identität, die Identität des Seins dem Nichts sein preiszugeben? Diese Freiheit ist Geheimnis der Liebe.“
- S. 69: „Wesensart der Liebe ist es, sich zu verschenken.“
- S. 84: „Material hört auf, von außen kommende vereinzelte Einfassung des Geistes zu sein […] Vereinzelung des Allgemeinen in der Weise der Selbstzurücknahme, Vereinzelung der alles übermächtigen Allgemeinheit göttlichen Seins in die zusammen gefaltete und damit für den anderen fassbar gemachte konkrete Gestalt.“
- S. 85: „Material ist nicht länger principium, sondern indicium individuationis.“
- S. 88: „Als dreifaltig einer lebt Gott in der Entspannung zum Du“.
- S. 290: „Leiblicher Gestalt […] Drücken Sie den Akt der Selbstverschenkung des Geistes an den anderen Geist aus. Verschenkung aber meint: in Freiheit vollzogene Selbstmitteilung an den anderen beziehungsweise Entgegennahme des anderen in seiner in seiner Andersheit.“
- S. 294: „Endlichkeit erweist sich in der Inkarnation Christi als Möglichkeit schenkender Selbstentfaltung des selbstbewussten Geistes.“
- S. 295: „Dialektische Philosophie und Evolutionstheorie haben die Erlösung vom Tod vertauscht mit dem Tod als erlösendes Geschehen.“ (Hervorhebungen: RB)
- S. 295: „konnte dialektisch mit Luzifer identifizieren […] Liebende Vereinigung von Gott und Mensch [… wird in] den Prozess der Selbstvermittlung des Ganzen durch seine Teile pervertiert“.
Stockhausen Alma von. Das erlösende Zusammenwirken von Christus und Maria. In: Brandenstein-Zeppelin Albrecht Graf von und Alma von Stockhausen (Hrsg). Die Stellung Der Gottesmutter in Der Welt- Und Heilsgeschichte. 1. Aufl ed. Gustav-Siewerth-Akademie 2008. S. 231-249:
- S. 238: „Maria ist diese Frau, durch die Gott zur Schöpfung als ganzer in Beziehung treten will.'“ In Maria ist die verborgene Grundgestalt der bräutlichen Schöpfung von Anbeginn ins Gegenüber zu Gott getreten.’ [Ulrich Wickert]"
- S. 238: „Der Schöpfer der Menschen, der Schöpfer der Jungfrau Maria, will sich von ihr seine menschliche Natur schenken lassen!“
- S. 239: „Wenn die leibliche Natur des Menschen durch den Widerspruch der Urschuld sterblich geworden ist, weil sie als Hingabeform des Geistes in das Gegenteil - als Instrument der Aggression - pervertiert wurde, dann kann die neue Leiblichkeit nur aus der Totalhingabe an den Schöpfer geboren werden.“
- S. 239: „Wenn der Mensch zur Teilnahme am innergöttlichen Liebesgespräch berufen ist, dann wird seine Komposition aus Geist und Materie nur insofern verständlich, als wir ähnlich wie Gott nicht nur über einen persönlichen Geist verfügen, sondern darüber hinaus findet eine entsprechende Mitteilungsform unseres Geistes: unsere Leibnatur.“
- S. 239: „Aber die Liebe kann uns die Augen dafür öffnen, dass gerade „im Versteck“ der Höchste waltet.“
- S. 239: „Was ist aus der menschlichen Natur geworden, die ihre Fähigkeit der entäußernden Selbstzurücknahme, der liebenden Anverwandlung an den anderen, pervertiert hat in vernichtende Unterwerfung des anderen?“
- S. 240: „An die Stelle der einräumenden Selbstentäußerung, der schenkenden Selbsthingabe der Person tritt das Bedürfnis des selbstsüchtigen Triebes. Der Andere wird Mittel, Objekt der Selbstbefriedigung - und ist nicht mehr das Subjekt anverwandelnder Liebe. Nicht mehr der Geist verleibtlicht sich in mitteilender Selbstentäußerung, sonder - umgekehrt - der Naturtrieb, das Bedürfnis, beherrscht den in sich selbst versklavten Geist - aus Liebe ist Libido geworden, der Todestrieb, der das Liebelächeln als „Zähnefletschen“ entlarvt (Konrad Lorenz). Aus persönlicher Bindung und Hingabe wird die anonyme Trieblust, die den einzelnen als Beute der Evolution genußvoll verspeist.“
- S. 240: „Die Verlassenheit Jesu am Kreuz zeigt wie tief wir in uns selbst verstrickt sind, dass es dieser letzten Entäußerung zu unserer Erlösung bedurfte.“
- S. 249: „Die Freude der Liebe ist das Zusammenwirken!“
Stockhausen Alma von. Philosophische Anmerkungen zur Jungfräulichen Gottesmutterschaft Mariens. 5. Aufl ed. Gustav-Siewerth-Akademie 2002:
- S. 18f: „Erkennen wir hier in der Entäußerung der göttlichen Natur die Urform alter Materialität, dann steht die Begrenztheit des Leibes nicht im Widerspruch zur personalen Begegnung, sondern Geboren aus der Jungfrau Maria - Materie als Hingabeform des Geistes drückt die Kenosis einer „unendlichkeitsmächtigen Majestät“ aus. Materialität, im ursprünglichen, nicht von der Sunde pervertierten Sinn der Hingabe bzw. Aufnahmefähigkeit von Andersheit, erweist sich sogar als Voraussetzung für personale Begegnung.“
- S. 19: „Gottes Hinnahmefähigkeit, die Zurücknahme seines perfekten Selbstbesitzes, ermöglicht die Aufnahme der persönlichen Natur des anderen, aber auch umgekehrt muß menschliche Leiblichkeit als der Ausdruck der persönlichen Selbsteinräumung für den anderen - als Voraussetzung für die Aufnahme der göttlichen Natur - betrachtet werden.“
- S. 19f: „Entgegennahme des anderen ist also ein passives Geschehenlassen. Potentia oboedientialis ist das Vermögen der Liebe - receptio - einräumende Selbstentgegennahme des an deren als Voraussetzung für die Selbsthingabe des anderen an den anderen zu sein. Auch Maria teilt Christus ihre Natur, d. h. ihren verleiblichten, zur Gabe eingefalteten Geist mit. Gott wird nicht Mensch, um seinem abstrakten Geist eine konkrete Gestalt zu verschaffen.“
- S. 22: „Nicht Ausleben des Triebes bringt uns zu uns selbst. Im Gegenteil - der Trieb kennt keine persönliche Bindung, er ist nicht Weise der leiblichen Selbsteinfaltung des Geistes, sondern Gewalttätigkeit der verselbständigten Natur im Kampf um ihre Höherentwicklung, die den einzelnen als vorübergehendes Teilmoment verrechnet. Der Naturtrieb stammt nicht aus der Geschichte der persönlichen Begegnung, die sich gegenseitig jungfräulich zurücknimmt, um dem anderen Platz einzuräumen, sondern aus dem Kampf ums Dasein, in dem sich die Durchsetzungskraft des Stärkeren bewahrt, aus der Geschichte der Sünde.“
- S. 23: „Diese Einmaligkeit des Du ist nur im Geiste zu erfassen, und zwar in dem in Gott gesammelten Geist. Vergegenwärtigen wir uns einen Augenblick das Geheimnis der Person: Sie ist das Abbild des göttlichen Geistes in der Weise, daß sie das umfassende Sein zwar nicht aus sich, aber doch von Gott zugeteilt bekommt. Wie konnte unsere Vernunft „capax Dei“ sein, unser Wille befähigt, Gott gültig für alle Ewigkeit zustimmen oder ablehnen zu können, wenn unser Geist nicht „quodammodo omnia“ wäre?“
- S. 23: „das eigentlich Staunenswerte unseres Personseins, die Individualität, noch nicht berücksichtigt.“
- S. 24: „Wir sind individuelle Substanzen. „Ich habe dich beim Namen gerufen“ (Jes 43, 1), bedeutet eine einzigartige Erwählung aufgrund einer unwiederholbaren Seinszuteilung.“
- S. 25: „Mutterschaft entsteht nicht zuerst durch leibliche Begattung - vielmehr durch die Schenkung einer einzigartigen Geistseele, die Gott selbst mitteilt. Die fruchtbare eheliche Vereinigung ist umschlossen von der Gegenwart Gottes. Die Einheit im Fleische von Mann und Frau bildet die Einheit der göttlichen Personen in dem einen Wesen ab. Sie ist das Geheimnis jener Liebe, die sich selbst dem anderen auf eingefaltete Weise mitteilen kann - Gott, der den anderen göttlichen Personen sein Wesen als Ausdruck seines persönlichen Selbstbesitzes schenkt. Der Mensch, der dem Gatten sein persönliches Selbstverständnis, leiblich einschaltet, mitteilt. Dieser Wesensraum der ehelichen Gemeinschaft ist also, wie wir zu zeigen versuchten, nicht nur abbildlich zum innertrinitarischen Leben Gottes zu verstehen - sondern ist zutiefst von ihm umfangen. Auch wenn wir, vertrieben aus dem Paradies, Gottes Gegenwart nicht mehr schauen können, so halten wir doch die Frucht seiner schenkenden Nähe in den Händen: die einzigartige Person des Kindes.“
- S. 31: "Aus der möglichen, in Christus tatsächlich stattgefunden, Liebeseinheit von Gott und Mensch ist bei Luther und Hegel der notwendige Entwicklungsprozeß des einen Geistes durch das andere der Natur geworden. Gut und Böse, Leben und Tod stellen nur noch Entwicklungsphasen des Einen, des unbewußten Geistes dar. Das Böse, die Unterwerfung des an-und-für-sich und um-seiner-selbst-willen Seienden zu einem Moment der Andersheit, soll nur noch als das „sogenannte Böse“ verstanden werden. Die Nichtigung des Gegensatzes muß ja der Versöhnung dienen: „durch Negation der Negation zur Position” der Höherentwicklung.“
-
Vittorio Possenti, (2006). „Die Natur des Menschen ändern? Die Biotechnologien und die anthropologische Frage“. In: Normkultur versus Nutzenkultur: Über kulturelle Kontexte von Bioethik und Biorecht. Hrsg. von Thomas S. Hoffmann und Walter Schweidler. Berlin, New York: Walter de Gruyter, S. 474. Vgl. hierzu auch Sebastian De Haro. Er schreibt: „Die Notwendigkeit der Philosophie für die Naturwissenschaften lässt sich leicht verstehen, wenn man die Entwicklung der Naturwissenschaften aus der Sicht Kuhns betrachtet. Thomas Kuhn beschreibt den Fortschritt in den Naturwissenschaften nicht als linearen Prozess der theoretischen Formulierung und experimentellen Verifizierung oder Widerlegung naturwissenschaftlicher Theorien, sondern als Revolutionen und Paradigmenwechsel (Kuhn 1962). Ein Paradigma ist für Kuhn kein Kochbuchrezept über die mathematischen Gesetze und mechanischen Abläufe des Universums oder eine Reihe von Gleichungen und technischen Begriffen und Verfahren. Zu den Paradigmen gehören die Art und Weise, wie die Welt betrachtet wird, Praktiken der Instrumentierung, Forschungstraditionen, gemeinsame Werte und Überzeugungen darüber, welche Fragen als naturwissenschaftlich angesehen werden. Heutzutage möchten wir dieses Konzept vielleicht noch weiter ausdehnen und institutionelle Bedingungen, staatliche Zwänge und Marktanreize einbeziehen, die bestimmte Paradigmen unterstützen können. Naturwissenschaftler, die in verschiedenen Paradigmen arbeiten, sehen die Welt auf unterschiedliche Weise, wie Kuhn betont hat. Ihre Grundannahmen über die Arten von Entitäten, die es in der Welt gibt, unterscheiden sich ebenso wie die Arten von primären Eigenschaften, die sie diesen Entitäten zuschreiben. Naturwissenschaftler, die in verschiedenen Paradigmen arbeiten, können, wie Einstein und Bohr, unterschiedlicher Meinung darüber sein, was eine gute Theorie oder eine gute Erklärung ausmacht oder was es bedeutet, ein Problem zu verstehen. Mit anderen Worten: In jedes naturwissenschaftliche Paradigma ist ein breites Spektrum an ontologischen, epistemischen und ethischen Voraussetzungen eingewoben […] Wenn es zutrifft, dass ein Paradigma ohne eine solche Reihe expliziter oder zumindest stillschweigender Voraussetzungen nicht entstehen, Unterstützung gewinnen, seine Konkurrenten besiegen, sich konsolidieren und schließlich sterben kann, dann müssen die Voraussetzungen ein inhärenter und notwendiger Bestandteil der Naturwissenschaft sein, die als Streben nach Wahrheit betrachtet wird. Solche philosophischen Voraussetzungen tragen zu naturwissenschaftlichen Theorien bei, auch wenn die Theorien formal unabhängig von ihnen sind, weil Axiome nicht einmal formuliert werden können, ohne dass eine Vereinbarung darüber getroffen wird, was die Begriffe bedeuten und auf welche Arten von Entitäten sie sich beziehen; ohne implizite oder explizite Annahmen darüber, wie sich die Begriffe zu experimentell messbaren Größen verhalten; ohne Vorschriften darüber, wie die Ergebnisse der Theorie verifiziert oder falsifiziert werden können. Paradigmen legen auch sinnvolle Ziele und offene Fragen für die Theorie nahe. Somit spielt die Philosophie eine heuristische Rolle bei der Entdeckung neuer wissenschaftlicher Theorien (de Regt 2004): Paradigmen können als Leitfaden für die Formulierung von Theorien dienen, die Entitäten der einen oder anderen Art beschreiben. Wie de Regt überzeugend dargelegt hat (siehe auch die Beispiele im nächsten Abschnitt), haben viele große wissenschaftliche Innovatoren irgendwann die Werke von Philosophen studiert und ihre eigenen philosophischen Ansichten entwickelt. Dies geschah nicht immer sehr systematisch, aber das von diesen Naturwissenschaftlern entwickelte Interesse an der Philosophie war zumindest überdurchschnittlich und hatte wiederum eine wichtige heuristische Funktion bei der Formulierung neuer naturwissenschaftlicher Theorien (de Regt 2004).“ (De Haro, Sebastian. „Science and Philosophy: A Love–Hate Relationship“. Foundations of Science 25, Nr. 2 (1. Juni 2020): 297–314. Science and Philosophy: A Love–Hate Relationship | SpringerLink. S. 303-304). ↩︎
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Robert Spaemann. Deszendenz und Intelligent Design . In Horn SO, Wiedenhofer S (Hrsg) Schöpfung und Evolution – Eine Tagung mit Papst Benedikt XVI. in Castel Gandolfo. Sankt Ulrich, Augsburg, 2007. S. 58. ↩︎
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Possenti, Vittorio. „Nature, life, and teleology“. The Review of Metaphysics, 2002, 37–60. S. 53. Vgl. hierzu besonders auch: Spaemann, Reinhard, Robert und Löw. Natürliche Ziele: Geschichte und Wiederentdeckung des teleologischen Denkens. Stuttgart: Klett-Cotta, 2005. ↩︎
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Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. Im Anfang schuf Gott: Vier Predigten über Schöpfung, Fall und Konsequenzen des Schöpfungsglaubens. 3. Aufl. Einsiedeln Freiburg i. Brsg: Johannes Verlag, 2014. S. 33. ↩︎
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Jonas, Hans. Technik, Medizin und Ethik: zur Praxis des Prinzips Verantwortung. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1987. S. 39. ↩︎
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Vgl. hierzu auch https://openjur.de/u/867822.html ↩︎
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Vgl. Die neuen Heiden und die Kirche, in: Hochland 51 (1958) 1.5 wiederabgedruckt in: Skandalöser Realismus, Bad Tölz ³2005, 38. ↩︎
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Husserl, Edmund (1900). Logische Untersuchungen - Erster Theil - Prolegomena zur reinen Logik. Halle a.S.: Niemeyer. S. 162. ↩︎
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Hierauf geht z.B. besonders die Enzyklika Fides et ratio von Johannes Paul II ein. ↩︎
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Vittorio Possenti, (2006). „Die Natur des Menschen ändern? Die Biotechnologien und die anthropologische Frage“. In: Normkultur versus Nutzenkultur: Über kulturelle Kontexte von Bioethik und Biorecht. Hrsg. von Thomas S. Hoffmann und Walter Schweidler. Berlin, New York: Walter de Gruyter, S. 473. ↩︎
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„Introduction“. In Can Theories Be Refuted?: Essays on the Duhem-Quine Thesis, I–XXI. Synthese Library. Dordrecht: Reidel, 1976. p. XXI. Vgl. auch Duhem, Pierre. „Physical Theory and Experiment“. In Can Theories Be Refuted? Essays on the Duhem-Quine Thesis, herausgegeben von Sandra G. Harding, 1–40. Synthese Library. Dordrecht: Springer Netherlands, 1976. https://doi.org/10.1007/978-94-010-1863-0_1. und Orman Quine, Willard van. „Two Dogmas of Empiricism“. In Can Theories Be Refuted? Essays on the Duhem-Quine Thesis, herausgegeben von Sandra G. Harding, 41–64. Synthese Library. Dordrecht: Springer Netherlands, 1976. Two Dogmas of Empiricism | SpringerLink. ↩︎
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De Haro, Sebastian. „Science and Philosophy: A Love–Hate Relationship“. Foundations of Science 25, Nr. 2 (1. Juni 2020): 297–314. Science and Philosophy: A Love–Hate Relationship | SpringerLink. S. 303-304 ↩︎
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Spaemann schreibt: „Die evolutionäre Weltanschauung ist keineswegs harmlos. Schon die Deutung des sukzessiven Auftretens verschiedener Formen des Lebendigen mit Hilfe der Metapher der ‘Entwicklung’ enthält eine schwerwiegende Vorentscheidung. Denn dieses Wort bezeichnet ursprünglich die Stadienfolge innerhalb des einzelnen Organismus. In der Anwendung auf die Sukzession von Formen des Lebens erscheint so der Weltprozeß als Ganzer als eine Art große einheitliche Substanz mit wechselnden Zuständen. Die aristotelische Unterscheidung zwischen Genesis und Alloiosis, zwischen Entstehung und Veränderung wird eingeebnet. Es ist klar, daß auf dem Hintergrund dieser Sicht die christliche Lehre von der unmittelbaren Erschaffung der Einzelseele durch Gott zu einem seltsamen mirakulösen Fremdkörper wird. Aber das heißt ja philosophisch nur, daß das Selbstverständnis des Menschen als einer individuellen, freien, verantwortlichen Person sich nicht mehr mit dem, was man über die Welt im ganzen denkt, vermitteln kann. Dies wiederum hat ganz konkrete Folgen für die Zivilisation und für das, was man ‘religiöse Sozialisation’ nennt. Religionslehrer können ein Lied davon singen, wie ihre Schüler, wenn von Gott und Schöpfung die Rede ist, erkennen lassen, daß sie über das Zustandekommen des Menschen inzwischen so Bescheid wissen, daß dieses Wissen zugleich auch die Wahrheit darüber enthält, was der Mensch ist. Die Rede von Gott wird auf diese Weise zu einem Rad, bei dessen Drehung sich nichts mehr mitdreht, zu einem Organ, das im ganzen des Organismus funktionslos wird, und deshalb atrophiert und sich zurückbildet. Die heute vielfach festgestellte stillschweigende Auswanderung aus der religiösen Praxis hängt vor allem mit diesem scheinbaren Folgenloswerden des Gottesbegriffs zusammen. Und dies wiederum muß im engen Zusammenhang mit der evolutiven Weltanschauung als Religionsersatz gesehen werden. Notwendig ist daher eine Besinnung über die philosophisch-theologische Relevanz des Paradigmas ‘Evolution’“. Robert Spaemann. „Einführung“. In: Evolutionismus und Christentum. Hrsg. von Robert Spaemann, Reinhard Löw und Peter Koslowski. Weinheim: Acta humaniora, VCH, 1986. S. 1–5: S. 3. ↩︎
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Ratzinger, Joseph. Glaube - Wahrheit - Toleranz das Christentum und die Weltreligionen. 2. Aufl. Freiburg ; Wien: Kerle, 2003. S. 115. ↩︎
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Vgl. z.B. Grochtmann, Harald. Wunder: kirchlich überprüft, nie widerlegt. Neusäß: 2020. ↩︎
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Dawkins, Richard. „When Religion Steps on Science’s Turf“. Free Inquiry Journal 10 (Buffalo , N.Y.) (1998): S. 19. Vgl. Plantinga, Alvin. Where the conflict really lies: science, religion, and naturalism. New York: Oxford University Press, 2011. ↩︎
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Scheffczyk, Leo. „Evolution und Schöpfung“. In Evolutionismus und Christentum, herausgegeben von Robert Spaemann, Reinhard Löw, und Peter Koslowski, 57–73. Weinheim: Acta humaniora, VCH, 1986. S. 69. ↩︎
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Vittorio Possenti, (2006). „Die Natur des Menschen ändern? Die Biotechnologien und die anthropologische Frage“. In: Normkultur versus Nutzenkultur: Über kulturelle Kontexte von Bioethik und Biorecht. Hrsg. von Thomas S. Hoffmann und Walter Schweidler. Berlin, New York: Walter de Gruyter, S. 494. ↩︎
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Nagel, Thomas. Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist. Übersetzt von Karin Wördemann. Berlin: Suhrkamp, 2013. S. 47. Vgl. Plantinga, Alvin. Where the conflict really lies: science, religion, and naturalism. New York: Oxford University Press, 2011. ↩︎
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Mit Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., können folgende Thesen, verteidigen werden: „Eine zweite Überlegung bezieht sich nicht mehr auf das pure Daß der Welt. Sie betrachtet sozusagen das Design der Welt; das Modell, in dem sie gebaut ist. Aus jedem ‚Es werde‘ ging ja nicht ein chaotischer Brei hervor. Je mehr wir von der Welt erkennen, desto größer tritt uns aus ihr eine Vernunft entgegen, deren Wege wir nur staunend nach–denken können. Durch sie hindurch sehen wir ganz neu jenen Schöpfergeist, dem auch unsere eigene Vernunft sich verdankt. Albert Einstein hat einmal gesagt, daß sich in der Naturgesetzlichkeit ‚eine so überlegene Vernunft offenbart, daß alles Sinnvolle menschlichen Denkens und Anordnens dagegen ein gänzlich nichtiger Abglanz ist‘. Wir erkennen, wie im Allergrößten, in der Welt der Gestirne, sich eine machtvolle Vernunft offenbart, die das All zusammenhält. Immer mehr lernen wir auch in das Allerkleinste, in die Zelle, in die Ureinheit des Lebendigen hineinzuschauen; auch hier entdecken wir eine Vernünftigkeit, die uns staunen lässt, so dass wir mit dem heiligen Bonaventura sagen müssen: ‚Wer hier nicht sieht, ist blind. Wer hier nicht hört, ist taub und wer hier nicht anfängt anzubeten und den Schöpfergeist zu loben, der ist stumm‘. Jacques Monod, der jede Weise von Gottesglaube als unwissenschaftlich ablehnte und die ganze Welt auf das Zusammenspiel von Zufall und Notwendigkeit zurückführt, erzählt in dem Werk, in dem er diese seine Sicht der Welt zusammenfassend darzustellen und zu begründen versucht, daß nach den Vorträgen, die dann zum Buche wurden, François Mauriac gesagt habe: ‚Was dieser Professor sagt, ist noch viel unglaublicher, als das, was wir arme Christen glauben.‘ Monod bestreitet nicht, daß das so ist. Seine These lautet, das ganze Konzert der Natur steige aus Irrtümern und Mißtönen auf. Er kann nicht umhin, selber zu sagen, daß eine solche Auffassung eigentlich absurd ist. Aber die wissenschaftliche Methode – so sagt er – zwingt dazu, eine Frage nicht zuzulassen, auf die die Antwort ‚Gott‘ heißen müßte. Welche armselige Methode – kann man da nur sagen. Durch die Vernunft der Schöpfung blickt uns Gott selber an. Physik und Biologie, die Naturwissenschaften überhaupt, haben uns einen neuen, unerhörten Schöpfungsbericht geliefert mit großen, neuen Bildern, die uns das Angesicht des Schöpfers erkennen und uns von neuem wissen lassen: Ja, am Urbeginn und Grund allen Seins steht der Schöpfergeist. [Hervorhebung: JR] Die Welt ist nicht ein Produkt des Dunklen und Sinnlosen. Sie kommt aus Verstehen; sie kommt aus Freiheit, und sie kommt aus Schönheit, die Liebe ist. Dies zu sehen gibt uns den Mut, der uns leben läßt; der uns ermächtigt, getrost das Abenteuer des Lebens auf uns zu nehmen." (Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. Im Anfang schuf Gott: Vier Predigten über Schöpfung, Fall und Konsequenzen des Schöpfungsglaubens. 3. Aufl. Einsiedeln Freiburg i. Brsg: Johannes Verlag, 2014. S. 33-34. (Hervorhebungen: RB).) Im Kontext der „Erschaffung des Menschen“ argumentiert Joseph Ratzinger überdies auf folgende Weise: „Gehen wir nun direkt an die Frage nach der Entwicklung und ihrer Mechanismen heran. Mikrobiologie und Biochemie haben hier umwälzende Einsichten gebracht. Immer weiter dringen sie in das innerste Geheimnis des Lebens ein, suchen seine Geheimsprache zu dechiffrieren und zu erkennen, was das denn nun eigentlich ist: das Leben. Sie sind dabei zu der Erkenntnis gekommen, daß man durchaus einen Organismus und eine Maschine in vielerlei Hinsicht vergleichen kann. Beide haben nämlich gemeinsam, daß sie ein Projekt, einen bedachten und vernünftigen Entwurf verwirklichen, der in sich stimmig und logisch ist. Ihr Funktionieren beruht auf einer präzis durchdachten und daher nachdenkbaren Konstruktion. Aber neben dieser Gemeinsamkeit stehen auch Unterschiede. Ein erster, noch eher unwichtiger, ist so zu umschreiben: das Projekt Organismus ist unvergleichlich gescheiter und kühner als die raffiniertesten Maschinen. Die sind stümperhaft konstruiert und gedacht, verglichen mit dem Projekt Organismus. Ein zweiter Unterschied geht tiefer: das Projekt Organismus betreibt sich selbst, von innen her, nicht wie die Maschine, die von außen her durch jemanden betätigt werden muss. Und schließlich der dritte Unterschied: Das Projekt Organismus hat die Kraft, sich selbst zu reproduzieren; es kann das Projekt, daß es selber ist erneuern und weitergeben. Anders gesagt: es hat die Fähigkeit der Fortpflanzung, durch die wiederum eine solches lebendiges, stimmiges Ganzes in Existenz tritt. Hier kommt nun etwas ganz Unerwartetes, ein Wichtiges zum Vorschein, das Monod die platonische Seite der Welt nennt. Das bedeutet: Es gibt nicht ein bloß das Werden, in dem sich ständig alles verändert, sondern es gibt das Beständige, die immerwährenden Ideen, die die Wirklichkeit durchleuchten und ihre ständigen Leitprinzipien sind. Es gibt die Beständigkeit, und sie ist so beschaffen, daß jeder Organismus streng sein Muster, das Projekt, das er ist, wieder weitergibt. Ein jeder Organismus ist – wie Monod ausdrückt – konservativ angelegt. Er reproduziert sich selbst in der Fortpflanzung genau wieder. Monod formuliert demgemäß: Für die moderne Biologie ist die Evolution, keine Eigenschaft, der lebendigen Wesen, sondern ihre Eigenschaft ist gerade, daß sie unveränderlich sind: Sie geben sich weiter; Ihr Projekt bleibt. Monod findet dann dennoch den Weg für die Evolution in der Feststellung, dass es in der Weitergabe des Projekts Übertragungsfehler gegeben haben. Weil die Natur konservativ ist, wird dieser Fehler, wenn er ihn einmal gibt, so fortgepflanzt. Solche Fehler können sich summieren, und aus der Summierung von Fehlern kann Neues entstehen. Nun folgt ein verblüffender Schluss: Auf diese Weise ist die ganze Welt des Lebendigen, so ist der Mensch entstanden. Wir sind ein Projekt zufälliger Fehler. Was sollen wir zu dieser Antwort sagen? Es bleibt Sache der Naturwissenschaft zu klären, durch welche Faktoren der Baum des Lebens im Einzelnen weiter wächst und neue Äste aus ihm aufsteigen. Dies ist nicht die Frage des Glaubens. Aber wir müssen und dürfen die Kühnheit haben zu sagen: Die großen Projekte des Lebendigen, sind nicht Produkte von Zufall und Irrtum. Sie sind auch nicht Produkte, einer Selektion, der man Gottesprädikate beigelegt, die an dieser Stelle unlogisch und unwissenschaftlich ein moderner Mythos sind. Die großen Projekte des Lebendigen verweisen auf schöpferische Vernunft, sie zeigen uns den Schöpfergeist, heute leuchten und strahlender denn je. So dürfen wir heute mit neuer Gewissheit und Freudigkeit sagen: Ja, der Mensch ist ein Projekt Gottes. Nur ein Schöpfergeist war stark genug und groß und kühl genug, dieses Projekt zu entsinnen. Der Mensch ist nicht ein Irrtum, sondern er ist gewollt, er ist Frucht einer Liebe. Er kann in sich selbst, in dem kühnen Projekt, das er ist, die Sprache des Schöpfergeistes entdecken“. (Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. Im Anfang schuf Gott: Vier Predigten über Schöpfung, Fall und Konsequenzen des Schöpfungsglaubens. 3. Aufl. Einsiedeln Freiburg i. Brsg: Johannes Verlag, 2014. S. 56-58. (Hervorhebungen: RB).) Der Naturwissenschaftler Francisco J. Novo („The Theory of Evolution in the Writings of Joseph Ratzinger“. Scientia et Fides 8, Nr. 2 (30. Oktober 2020): 323–49.) wird m.E. Joseph Ratzingers Verständnis der Evolutionstheorie nicht gerecht, da er die metaphysischen Implikationen der Evolutionstheorie nicht genügend berücksichtigt oder diese nicht zu verstehen scheint. Vgl. hierzu z.B. Spaemann, Reinhard, Robert und Löw. Natürliche Ziele: Geschichte und Wiederentdeckung des teleologischen Denkens. Stuttgart: Klett-Cotta, 2005; Seidl, Horst. Evolution und Naturfinalität traditionelle Naturphilosophie gegenüber moderner Evolutionstheorie. Philosophische Texte und Studien. Hildesheim: Olms, 2008; Possenti, Vittorio. „Nature, life, and teleology“. The Review of Metaphysics, 2002, 37–60. Was ist der ontologisch zureichende Grund dafür, dass etwas Neues entsteht? Konkreter gefragt: Was ist der ontologisch zureichende Grund für die vom Paradigma der modernen Evolutionstheorie postulierte Transsubstantiation in der Natur? Vgl. hierzu auch Scheffczyk, Leo. „Evolution und Schöpfung“. In Evolutionismus und Christentum , herausgegeben von Robert Spaemann, Reinhard Löw, und Peter Koslowski, 57–73. Weinheim: Acta humaniora, VCH, 1986. S. 69. Vgl. auch De Haro, Sebastian. „Science and Philosophy: A Love–Hate Relationship“. Foundations of Science 25, Nr. 2 (1. Juni 2020): 297–314. Science and Philosophy: A Love–Hate Relationship | SpringerLink. S. 303-304. S. 303-304. ↩︎
-
Vgl. Seifert, Josef. Bye Bye Dawkins und Darwin Göttliche Schöpfung der Welt und des Menschen aus dem Nichts. Philosophische Beweise. 2. Auflage, Erweiterte Ausgabe. Aachen: Patrimonium, 2021. Seifert, Josef. Antworten auf Einwände warum die Welt von Gott aus dem Nichts erschaffen wurde. 1. Auflage. Aachen: Patrimonium-Verlag, 2022. ↩︎
-
Crosby, John F. „Evolutionism and the ontology of the human person: Critique of the marxist theory of the emergence of man“. The review of politics 38, Nr. 2 (1976): 208–243. S. 228f. Crosby schreibt hierzu außerdem: „Es liegt zwar auf der Hand, dass bestimmte tierische Tätigkeiten der menschlichen Arbeit ähnlicher sind als beispielsweise pflanzliche Tätigkeiten, aber dennoch spricht nicht einmal der Marxismus von diesen tierischen Tätigkeiten als primitiven Formen der Arbeit an sich. Aber nur so kann man behaupten, dass eine bestimmte Tätigkeit (sei es die produktive Arbeit oder eine andere Tätigkeit) eindeutig menschlich ist, und gleichzeitig, dass ein Wesen durch diese Tätigkeit zum Menschen wurde. Der dialektische Materialist würde sich hier zweifellos auf das dialektische Gesetz der Umwandlung quantitativer Veränderungen in qualitative Veränderungen berufen. Er würde sagen, dass sich die primitiven Arbeitsfähigkeiten der Affen quantitativ akkumulierten, bis sie plötzlich in die qualitativ neue Realität der menschlichen Arbeit übergingen. Und er würde diesen Prozess zweifellos mit der Umwandlung eines Gases oder einer Flüssigkeit oder eines Festkörpers in einen der beiden anderen Zustände vergleichen. Das alles ist orthodoxer dialektischer Materialismus“. Ebd. S. 218. ↩︎
-
Vittorio Possenti, (2006). „Die Natur des Menschen ändern? Die Biotechnologien und die anthropologische Frage“. In: Normkultur versus Nutzenkultur: Über kulturelle Kontexte von Bioethik und Biorecht. Hrsg. von Thomas S. Hoffmann und Walter Schweidler. Berlin, New York: Walter de Gruyter, S. 475. ↩︎
-
Vgl. Wald, Berthold. Person und Handlung bei Martin Luther. 1. Aufl. Schriftenreihe der Gustav-Siewerth-Akademie. Weilheim-Bierbronnen: Gustav-Siewerth-Akad., 1993., Wald, Berthold. „Die Handlungsbedeutung und der Personbegriff bei Martin Luther“. Espíritu: cuadernos del Instituto Filosófico de Balmesiana 59, Nr. 139 (2010): 43–67, Wald, Berthold. Substantialität und Personalität: Philosophie der Person in Antike und Mittelalter. Paderborn: Mentis, 2005. ↩︎
-
Wald, Berthold. „Die Handlungsbedeutung und der Personbegriff bei Martin Luther“. Espíritu: cuadernos del Instituto Filosófico de Balmesiana 59, Nr. 139 (2010): 43. ↩︎
-
Ebd. 44. ↩︎
-
Ebd. 51. ↩︎
-
Beer, Theobald. Der fröhliche Wechsel und Streit - Grundzüge d. Theologie Martin Luthers. 2. Aufl. Sammlung Horizonte. Einsiedeln: Johannes-Verlag, 1980. ↩︎
-
Vgl. hierzu Ebd. 323ff. Beer, Theobald. Luthers Theologie - eine Autobiographie. Heftreihe der Gustav-Siewerth-Akademie. Weilheim-Bierbronnen: Gustav-Siewerth-Akad, 1995. S. 5f. ↩︎
-
Vgl. Luthers Römerbriefvorlesung 1515/1516. WA 56, 158. ↩︎
-
WA 56, 401. Übers. durch T. Beer zit. nach Beer, Theobald. Luthers Theologie - eine Autobiographie. S. 5 ↩︎
-
WA 57, Hebr 129, 6-15 übers. durch T. Beer, zit. n. Beer, Theobald. Der fröhliche Wechsel und Streit. S. 264. ↩︎
-
Fragment 91 Die Fragmente der Vorsokratiker. ↩︎
-
Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. Im Anfang schuf Gott: Vier Predigten über Schöpfung, Fall und Konsequenzen des Schöpfungsglaubens. 3. Aufl. Einsiedeln Freiburg i. Brsg: Johannes Verlag, 2014. S. 57. ↩︎
-
Possenti, Vittorio. „Nature, life, and teleology“. The Review of Metaphysics, 2002, 37–60. S. 55. ↩︎
-
Vgl. Identität und Differenz - Rahners und Teilhard de Chardins dialektisches Denken überwinden - Bernhard Baumgarten. Identität und Differenz - Rahners und Teilhard de Chardins dialektisches Denken überwinden - Bernhard Baumgarten. ↩︎