Offener Brief an einen Apotheker

Der Autor ist mir bekannt. Die Namen sind abgeändert bzw. anonymisiert worden.

Sehr geehrter Herr XY,

Sie sprachen mich darauf an, dass ich gegenüber Ihren Angestellten meine Gewissensbedenken geäußert habe, nämlich abortive Medikamente, wie die sogenannte „Pille danach“ auszufahren, da dadurch Menschen getötet werden können. Sie sagten mir vor einigen Tagen in Anwesenheit einiger Ihrer Angestellten sinngemäß: Lebensschutz ist gut und hat seine Berechtigung, aber was ist mit den Frauen, die vergewaltigt worden sind…

Ich schreibe Ihnen nun, um in Ruhe zu antworten: Ich bin gläubiger Katholik und habe als Wissenschaftler über das Sein und die Würde des Menschen promoviert. Nach der katholischen Lehre müssen wir auf die „Pille danach“ vollkommen verzichten, da „die Möglichkeit besteht, dass die Pille danach einen kleinen Menschen tötet.“[1] Der Mensch ist von Anfang an, d. h. sobald und solange er lebt (i. d. R. mit Abschluss der Verschmelzung der menschlichen Gameten bis zum Eintritt des sicheren Todes), menschliche Person und Besitzer einer unverlierbaren ontologischen Würde.[2]

Somit muss ich Ihrer oben wiedergegeben enthymemischen Argumentation widersprechen: Vergewaltigung ist ein abscheuliches Verbrechen, das aber nicht ein anderes Verbrechen, nämlich die intendierte oder in Kauf genommene Tötung einer unschuldigen ungeborenen menschlichen Person legitimiert.

Mit freundlichen Grüßen,
Thomas

Endnoten
[1] Andreas Laun. http://www.kath.net/news/40299. Naturwissenschaftlich wird Launs Aussage bestätigt: So schreibt z.B. James Trussell (Princeton University ) u.a.: „Um eine informierte Entscheidung treffen zu können, müssen Frauen wissen, dass ECPs [Emergency contraceptive pills - dt.: „Pille danach“] - wie alle regulären hormonellen Verhütungsmittel wie die Antibabypille, das Implantat Implanon, der Vaginalring NuvaRing, das Evra-Pflaster und das injizierbare Depo-Provera, und sogar das Stillen - eine Schwangerschaft in erster Linie dadurch verhindern, dass sie den Eisprung verzögern oder hemmen und die Befruchtung hemmen. Es ist jedoch wissenschaftlich nicht definitiv auszuschließen , dass jede dieser Methoden […] die Einnistung einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut hemmen kann .“ Emergency Contraception: A Last Chance to Prevent Unintended Pregnancy. James Trussell, Elizabeth G. Raymond, Kelly Cleland (January 2019) p. 8: https://ec.princeton.edu/questions/ec-review.pdf Zugegriffen am Sonntag, 26. April 2020. (Hervorhebungen R.B.) Im Original heißt es: „To make an informed choice, women must know that ECPs—like all regular hormonal contraceptives such as the birth control pill, the implant Implanon, the vaginal ring NuvaRing, the Evra patch, and the injectable Depo-Provera, and even breastfeeding—prevent pregnancy primarily by delaying or inhibiting ovulation and inhibiting fertilization, but it is not scientifically possible to definitively rule out that any of these methods […] may inhibit implantation of a fertilized egg in the endometrium.“

[2] Vgl. z.B. Rager, Günter (2016). „Gibt es Grenzen in der frühen Entwicklung des Menschen?“ In: Vortrag. https://www.webcitation.org/6jpHUtlrA. Rager schreibt: „Bei genauer Betrachtung der Eigenschaften und der Entwicklung des menschlichen Embryos ergibt sich, dass der Embryo von der Befruchtung an ein menschliches Individuum ist. Dieses Individuum verfügt über die Möglichkeit, ein Nervensystem zu entwickeln, womit seine rationale Natur grundgelegt ist. Der Embryo ist deshalb als Person im philosophischen Sinn zu bezeichnen.“ (S. 15)