Liebe Freunde,
ich bin momentan sehr besorgt darüber, dass die Kirchen sich in der jetzigen Krise hierzulande so an den Rand haben drängen lassen, dass sie klaglos (und im vorauseilendem Gehorsam) auf ihre Osterfeier verzichten und quasi ihren ganzen Betrieb eingestellt haben. Das hat es, soviel ich weiß, in der Kirchengeschichte noch nie gegeben, dass Ostern einfach ausfällt. Ist dies ein weiteres Anzeichen für eine jetzt anbrechende, noch antichristlichere Zeit? Ich weiß es nicht, aber man muss doch mal überlegen:
Trotz grundsätzlicher Ausgangssperre bleiben bei uns die Geschäfte offen, damit man sein tägliches Brot sich besorge, mit der Begründung, das sei das für das zeitliche Leben „Notwendigste“. Daher erlaubt es uns der Staat weiterhin, einzukaufen. Das ist ja auch gut und richtig.
Aber dann muss man doch fragen: Ist die heilige Eucharistie, sind die heiligen Sakramente etwa nicht notwendig und nicht mehr ganz so wichtig? Hieß es nicht früher, die Sorge für das ewige Leben sei sogar noch wichtiger als die für das zeitliche? Wenn man jetzt sagt, jeder könne ja auch zu Hause beten und die „Gespenster-Gottesdienste“ ohne Volk im Internet verfolgen, und dies sei ja ebenso gut, so widerspricht dies dem überlieferten kirchlichen Sakramentenverständnis: Gott wendet sich uns in den Sakramenten auch leiblich zu, das ist letztlich der Grund für seine Menschwerdung. Deshalb ist es auch ganz richtig, dass Telefonbeichten nach katholischem Kirchenrecht ungültig sind. Die Kirche darf auf Dauer keine reine Online-Community werden, leibliche Heilszeichen kann man nicht per Email versenden.
Man muss auch bedenken, dass die Kirche bei uns nicht nur die Gottesdienste, sondern auch die sonstigen kirchlichen Handlungen verschiebt und aussetzt. Das geht so nicht auf Dauer! Wie ich gehört habe, sollen z.B. auch Taufen und Hochzeiten aufgeschoben werden. Paare, die jetzt kirchlich heiraten wollen, müssen dies auf unbestimmte Zeit verschieben (dass sich das Paar, wenn 30 Tage lang keinen Priester erreichbar ist, sich das Ehesakrament selbst spenden darf, ist nur ein sehr schwacher Trost). Beerdigungen finden zwar statt, aber nur der engste Familienkreis darf teilnehmen und das Requiem wird verschoben. All das ist doch ein Trauerspiel.
Ich würde mir von den Bischöfen jetzt eigentlich wünschen, dass sie in die Offensive gehen und die Freiheit einfordern, Gottesdienste - meinetwegen unter gewissen Auflagen - weiterhin abhalten zu dürfen. Sie könnten sich dabei auf die grundgesetzlich verbürgte Religionsfreiheit berufen und hätten m.E. mit einer Klage eine relativ große Aussicht auf Erfolg, denn das von der Bundeskanzlerin erlassene staatliche generelle Verbot von „Zusammenkünften“ in Gotteshäusern halte ich für grundgesetzwidrig. Es spräche ja nichts dagegen, dass man verlangt, für Gottesdienste Vorsichtsmaßnahmen zu treffen - wie es ja auch in den Lebensmittelgeschäften gemacht wird - aber unsere Hirten sollten sicherstellen, dass Gläubige, die das wollen, wenigstens zu Ostern die Kommunion erhalten können. Die katholischen Bischöfe könnten aufgrund der außerordentlichen Lage meinetwegen auch die Sonntagspflicht für die Krisenzeit weiterhin aufheben, damit die, die ängstlich sind, ohne Gewissensbisse zu Hause bleiben können. Aber man sollte die Feiern in irgendeiner Form für Gläubige zugänglich stattfinden lassen.
Was wird denn sein, wenn nach den Osterferien (wie ich hoffe) die Schulen wieder geöffnet werden und die schärfsten Verbote für das Arbeitsleben wieder etwas gelockert werden? Ich halte es für gut möglich, dass unsere Regierenden dann trotzdem die großen Versammlungen, etwas Fußballspiele, Demonstrationen, Kinos usw. und vermutlich auch die Gottesdienste weiter werden verbieten wollen. Dann wäre ich schon gespannt, ob sich wenigstens dann unsere Bischöfe beschweren werden.
Wenn nicht: Würden sie damit nicht signalisieren (oder dem Missverständnis Vorschub leisten), dass Gottesdienste in ihrer Wertschätzung auf derselben Stufe wie Unterhaltungsveranstaltungen(Fußball, Discos, Kino und Co.) stehen, so wie es ja heute auch die meisten Zeitgenossen sehen? Die Kirche ist doch für die meisten unserer Mitbürger nur ein netter Kulturverein, „nice to have“, wie der Engländer sagt - aber im Ernstfall verzichtbar. So versinkt die Kirche immer mehr in die postmoderne Belanglosigkeit.
Man vergleiche das einmal mit den Zeugen Jehovas (die ich natürlich hier nicht vorbehaltlos als Vorbilder empfehlen möchte), die dieses Jahr ungeachtet der Verbote ihr „Gedächtnismal“ am 7. April abhalten wollen, wenn auch - wie es auf ihrer Internetseite heißt - wegen Corona nicht immer in ihren Königreichssälen und nur in kleineren Gruppen. Aber sie laden dazu auch diese Mal alle Interessierten ein, mit dem diskreten Hinweis, man möge einen Zeugen Jehovas in der Nähe fragen, wo die Veranstaltung stattfinden wird.
Man vergleiche eine Kirche, die ihren Betrieb klaglos einstellt, auch mit diversen Wirtschaftsbetrieben, von denen schon einige (wie ich hörte, oft erfolgreich!) gegen die ihnen auferlegten Beschränkungen geklagt haben.
Man vergleiche schließlich die deutsche und westeuropäische Kirche mit der orthodoxen Schwesterkirche in Russland, die weiterhin ihre Gottesdienste öffentlich stattfinden lässt (wenn auch natürlich vernünftigerweise Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden), vgl.
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/coronavirus-russlands-orthodoxe-kirche-reagiert-auf-die-krise-16691196.html
Oder mit der Situation in Griechenland, wo zumindest einige Bischöfe sich der dortigen Verfügung, die Kirchen zu schließen, (mit Erfolg!) widersetzen, vgl.
https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2020-03/griechenland-corona-virus-bischoefe-kirche-schliessung-orthodox.html
Auch hierzulande gibt es nun eine Petition, die etwas gegen das Gottesdiensverbot und die „Einschläferung“ der Kirchen tun will, die ich unterschrieben habe und unterstützenswert finde: Große Kirchen - keine Gottesdienste: Verbot von Gottesdiensten in der Kirche muss aufgehoben werden
Sie wird aber wohl kaum Erfolg haben, wenn sich unsere Bischöfe nicht dahinterstellen - ich hoffe, das wird geschehen!
Gruß und alles Liebe in Christo,
Antonios Argyropoulos