Vor unserem Haus wächst ein Kirschbaum. Wenn seine Blüten leuchten, weiß ich, dass er bald fruchtige Kirschen hervorbringen wird und der Sommer nahe ist. Genauso sollen wir erkennen, wenn die Sonne sich verfinstert, der Mond nicht mehr scheint und die Sterne vom Himmel fallen, daß das Reich Gottes nahe ist. Fürchten wir uns also nicht, wenn diese Zeichen geschehen, wenn wir in Drangsal und Verführung geraten. Erheben wir vielmehr, mit brennenden Lampen in den Händen, unser Haupt, denn unsere Erlösung ist nahe.
Seit ungefähr einer Woche gibt es aufgrund der Corona-Pandemie weltweit für die katholischen Laien keine öffentlichen heiligen Messen und auch der sonstige Sakramentenempfang ist für den katholischen Laien stark eingeschränkt, bis gar nicht mehr möglich.
Es hat also für uns die Zeit der Sehnsucht nach dem Empfang des Leibes und Blutes Christi begonnen, nach der eucharistischen Ankunft Christi. Voll Sehnsucht erwarten wir den eucharistischen Christus, der das wahren Licht ist, von dem der Johannesprolog spricht.
Was ist in dieser Zeit wesentlich? Natürlich die Sehnsucht nach dem Licht, das Aufgehen der wahren Sonne.
Wir, die wir etwas vermissen, wird nun schmerzlich bewusst, wie scheinbar selbstverständlich und oft gleichgültig wir der heiligen Messe beigewohnt und den eucharistischen Heiland empfangen haben. Der hl. Pater Pio sagt über die Wichtigkeit des heiligen Messopfers: „Eher könnte die Welt ohne Sonne bestehen, als ohne das heilige Messopfer.“
Warum aber können wir uns ohne größere Probleme in die Supermarktschlange einreihen, um notwendige Lebensmittel zu kaufen, empfinden aber nicht dieselbe Notwendigkeit, uns das Brot des Lebens, das nicht mehr hungrig macht, schenken zu lassen? Warum soll das eine möglich sein und das andere zu gefährlich? Wie lange wollen wir noch auf das heilige Messeopfer und den eucharistischen Christus verzichten? Warum praktizieren wir das eine und lassen uns das andere verbieten?
Natürlich widerspricht unser katholischer Glauben nicht der Vernunft. Und wir sind vor Gott und unseren mit Menschen zum verantwortungsvollem Handeln, gerade in Zeiten der Corona-Krise verpflichtet.
Wie es auch eine mehrfache Gegenwart des Herrn gibt, so gibt es auch ein vielfaches Kommen Christi.
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Christus kommt zu uns, indem wir durch ihn sind. Denn „alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.“ (Joh 1:3)
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Christus kommt zu uns, indem wir in Christus neugeboren werden durch die Taufe.
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Christus kommt zu uns, indem wir ihn als Getaufte aufnahmen, und er uns Macht
gibt, Kinder Gottes zu werden. -
Christus kommt zu uns im liturgischen Jahr zu Weihnachten.
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Christus kommt zu uns in seinem Fleisch und Blut in der Eucharistie unter der
Gestalt des Brotes. -
Christus kommt zu uns, im persönlichen Gericht nach unserem Tod, wenn wir ihm
Rechenschaft über unser Handeln geben werden. -
Christus kommt zu uns, am Ende der Welt zum Weltgericht, wenn wir im Fleisch
auferstehen werden.
Mit Maria, der Mutter Gottes dürfen wir nun das eucharistische Kommen Christi, „die Geburt unseres Erlösers und Heilandes in unserem Herzen“ erwarten. Der eucharistische Christus ist die zweite göttliche Person. Aus Liebe zu uns, ist Gott Mensch geworden. Der ganz sündenlose Christus befreite durch seinen sühnenden Liebestod am Holz des Kreuzes uns Menschen aus der Sklaverei der Sünde und des Teufels. Er befreit uns aus unserer selbstverschuldeten Hilflosigkeit der Gottferne. Das harte Holz der Krippe möchte uns dieses Glaubensgeheimnis der unfassbaren Liebe Gottes erschließen. In der Krippe gibt es Nahrung für die Tiere. Mit dem hl. Augustinus können wir die Futterkrippe als Sinnbild für den Tisch Gottes betrachten. Das Christkind wird also für uns zum Himmelsbrot in der Krippe, zu unserer heilsvermittelnden Speise. Erwarten und empfangen wir Christus, wie die klugen Jungfrauen im Gleichnis.
Auf all das wollen wir uns nun in dieser besonderen Fastenzeit vorbereiten.
Wie können wir dies am besten tun? Jesus sagt von sich: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. (Joh 14:6) Jesus ist die Wahrheit. Echtes Fasten schließt also immer eine Sehnsucht nach der Wahrheit, nach der personifizierten Wahrheit mit ein. Es gibt keine Sehnsucht ohne Liebe. Die personifizierte Wahrheit ist das Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in der Wahrheit Christi sind. Die Wahrheit ist also Mensch geworden. Was heißt das für unser Leben? Zieht uns die Wahrheit an – Lieben wir diese Wahrheit oder macht sie uns Angst? Richten wir uns persönlich und als Gemeinschaft auf diese Wahrheit aus? Tun wir die Wahrheit in Liebe? Ziehen wir sie an. Wenn wir dem Namen Christen gerecht werden wollen, ziehen wir Christus an, werden wir ihm durch seine Gnade ähnlicher.
Mit dem hl. Augustinus können wir also fragen: „Und wer kann denn recht leben und Gutes tun, wenn er nicht aus dem Glauben gerechtfertigt ist?“ – Mit Papst Franziskus können wir von einer „Erosion des katholischen Glaubens in Deutschland“ sprechen. –
Wir können uns aber nicht durch unsere eigenen guten Werke selbst erlösen, wenn wir dies auch vergeblich versuchen, z.B. durch den sogenannten synodale Weg der Kirche in Deutschland oder durch die Schaffung von immer neuen funktionalistischen kirchlichen „Strukturen, für die eigentlich die Gläubigen fehlen“, wie mit Papst Franziskus festzustellen ist. Denn unsere natürlichen guten Werke, ohne Liebe und Wahrheit, sind fruchtlos. Ist das Öl unserer Lampe in unseren Händen erloschen, retten uns unsere natürlichen guten Werke nicht. Würden wir auch die Welt vor dem Untergang retten, den Himmel könnten wir uns deswegen nicht verdienen.
Übernatürlich gute Werke können wir nur in der Wahrheit am Weinstock Christi vollbringen. Unsere übernatürlichen guten Werke stammen folglich aus dem Saft des Weinstocks Christi. Der Saft des Weinstocks und das brennende Öl der Lampe in unseren Händen sind die heiligmachende Gnade.
In der Taufe haben wir sie empfangen. – Im Sakrament der Buße können wir sie wiedererlangen, wenn uns der Wind der Sünde uns unsere Lampen ausgeblasen hat.
Der Evangelist Lukas berichtet uns im Evangelium von Jesus, der im Tempel zu Jerusalem einer Rede über dessen schönen Schmuck und seine herrlichen Steine zuhört. Dies nimmt Jesus zum Anlass, vor der kommenden Zerstörung des Tempels, der Opferstätte der Juden, zu warnen. Diese Warnung erfüllte sich im wörtlichen Sinn um 70 nach Christus mit der Zerstörung Jerusalems durch die Römer.
Doch ist die wörtliche Erfüllung dieses Wortes Jesu für uns nicht bedeutungslos? Die Kirche ist der mystische Leib Christi und steht für das neue Jerusalem. Am Ende der Zeit widerfährt der Kirche, die zwar bestehen bleibt, ähnliches wie dem Jerusalemer Tempel. Hiervon berichtet das letzte Buch des Neuen Testamentes. Dazu passt auch das vorübergehende Abschaffen von öffentlichen heiligen Messen.
Außerdem spricht Jesus: „Gebt acht, daß man euch nicht irreführt!“ Wer so spricht, der geht davon aus, dass es objektive Wahrheit gibt. Denn nur wenn Wahrheit erkennbar ist, kann vom Irrtum die Rede sein. Jesu Warnung ist bedeutungsvoll. Im Literalsinn warnt Jesus vor falschen Endzeitpropheten und Prophetien. Jesus verknüpft also die Warnung an die Judenchristen vor der Zerstörung des Tempels und Jerusalems mit Aussagen über die Geschehnisse des Adventus Domini. Es geht somit um die Ankunft des Herrn in Herrlichkeit und Kraft zum Weltgericht. Nur Gott kennt den genauen Zeitpunkt des Endes der Welt. Wir aber, können nur die Vorzeichen des Endes der Welt erkennen.
„Wenn all das beginnt“, so heißt es im heutigen Evangelium „dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.“ In der Erwartung der eucharistischen Ankunft Christi schwingt auch immer die Erwartung und Sehnsucht nach der letzten Ankunft Christi mit.
Die Zeit zwischen der ersten Ankunft Christi bei uns Menschen und seiner endgültigen Wiederkunft ist die Zeit der Heiden. Es ist die Zeit in der die Christen die Wahrheit des Evangeliums verkünden, bis, wie der heilige Lukas uns im Evangelium sagt, „die Zeiten der Heiden sich erfüllen.“
Wie wir uns in der Fastenzeit auf das Kommen des Herrn vorbereiten, so sollen wir uns auch auf die heilige Eucharistie, auf unseren Tod und auf die endgültige Wiederkunft Christi vorbereiten.
Den besten Weg der Vorbereitung zeigt uns der Herr selbst. Lassen wir uns von ihm an die Hand nehmen: „Nehmt euch in acht, daß Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und daß jener Tag euch nicht plötzlich überrascht, so wie man in eine Falle gerät; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen. Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.“
Werden wir also was wir sind, Christen. Ziehen wir Christus an. Tun wir in Liebe die Wahrheit, so werden wir durch seine Gnade mit Christus ähnlich, haben Anteil an Christus. Wir werden vom Licht, das das Leben ist, erleuchtet und zu Kindern des Lichtes, die aus Gott geboren sind.
Was aber heißt das? Christus ähnlich werden heißt immer, teilzuhaben an seinem Kreuz. Unser Papst emeritus schreibt deshalb: „Die Verkündigung des Evangeliums wird immer im Zeichen des Kreuzes stehen – das ist es, was die Jünger in allen Generationen neu erlernen müssen. Das Kreuz ist und bleibt das Zeichen des „Menschensohnes“: Wahrheit und Liebe haben letztendlich im Kampf gegen die Lüge und die Gewalt keine andere Waffen als das Zeugnis des Leidens.“
Dies zu verinnerlichen, heißt sich auf die Ankunft des Herrn, der auch in unserem Herzen geboren werden will, vorzubereiten.