@Coati Vorüberlegungen zum ‘Substanz-in-Relationsein’ der menschlichen Person
„A person, like every other real being, is a living synthesis of substantiality and relationality, and the relational side is equally important as the substantial side, because it is only through the former that the self as substance can actualize its potentiality and fulll its destiny.“ (Clarke,1993, S. 64).
Die, insbesondere in der Scholastik, bekannten sieben Transzendentalien ens, res, unum, aliquid, verum, bonum, pulchrum sind Attribute, die jeglichem Sein und somit auch derPerson zu eigen sind. Die Transzendentalien übersteigen also die ontologischen Kategorien in die nach Aristoteles das kontingente Sein ein geteilt werden kann. Die Transzendentalien sind deswegen im ontologischen Sinn transkategorial, viz. sie können nicht nur innerhalb bestimmter ontologischer Kategorien des kontingenten Seiendem vorkommen, sondern auch im absoluten Sein. Wenn mit Aristoteles davon ausgegangen wird, dass alles kontingente Seiende in zehn Kategorien eingeteilt werden kann und die Kategorie der Substanz sich von den neun anderen Kategorien der Akzidenzien fundamental unterscheidet, kann gefragt werden, zu welcher dieser Seinskategorien die menschliche Person gehört. Überdies ist alles Seiende etwas Bestimmtes.
Der Substanz können bestimmte Akzidenzien bzw. akzidentale Eigenschaften inhärieren. Es kann in einem anderen Sinn auch von wesensnotwendigen Eigenschaften gesprochen werden, diese unterscheiden sich von den zufälligen oder beiläufigen Eigenschaften des Seienden. Welcher Sachverhalt liegt dieser Unterscheidung zu Grunde? Wie in den methodischen Reflexionen dargelegt, wird in dieser Arbeit die Auffassung verteidigt, dass jedes Seiende ein Sosein bzw. Wesen hat. Wird das, was als Wirklichkeit bezeichnet werden kann, betrachtet, so lassen sich verschiedene Dinge unterscheiden. Was ist für diesen eigentlich selbstverständlichen Sachverhalt, der wegen seiner Selbstverständlichkeit vielfach stillschweigend als gegeben vorausgesetzt wird, der ontologisch zureichende Grund? Oder anders gefragt, warum gibt es einheitliches Seiendes, das durch etwas Ontologisches von anderem Seienden abgegrenzt ist? Was ist der ontologisch zureichende Grund für die Einheit und den Selbstand von Seiendem? Könnte es nicht auch sein, dass das Seiende stufenlos in ein anderes übergeht. Ist z. B. der Kirschbaum vor meinem Fenster solch ein einheitliches Ding, das ontologisch klar von dem Anderen in seiner Umgebung abgrenzt ist, oder bin ich es, der diese Einheit setzend, als eben diese, mir erscheinende, bestimmt? Durch die einleitenden methodologischen Reflexionen (Kap. 2.) kann klar ausgeschlossen werden, dass das erkennende Subjekt sich die Wirklichkeit in allen Wirklichkeitsbereichen selbst setzt. Somit soll davon ausgegangen werden, dass die Dinge und ihre Einheit und Identität durch den erkennenden Geist entdeckt und erfasst werden können. Es soll nun postuliert werden, dass die Person wesensnotwendig Substanz ist. Um dieses Postulat zu prüfen, kann weiter gefragt werden, ob es mit dem intelligiblen und notwendigenWesen der Person vereinbar ist, dass die Person als Akzidens in etwas Anderem inhäriert, etwa so, wie die Farbe Blau meinem Hemd inhäriert. Oder ist es mit der notwendigen Wesenheit der Person vereinbar, dass die Person ein Zustand oder eine zeitliche Phase ist? Wäre z. B. eine Person, die der sichtbaren Natur dieser Erde inhäriert, wesensmöglich? Etwas, das einem anderem Seienden inhäriert, ist seinsheteronom und seinsunselbständig. Akzidentelles Sein kann folglich unter den Seinsbegriff 22 subsumiert werden (vgl. Abb. 4.2.). Akzidenzien, Zustände eines Seienden und zeitliche Phasen eines Seienden können somit aus sich heraus keine abgegrenzte numerische Einheit sein, nichts Identisch-Individuelles sein, das würde Seinsautonomie und Seinsselbständigkeit implizieren und damit einen Seinsdarunterstand. Akzidentien sind also nur durch die Hypostase, der sie inhärieren, von anderen Seienden abgegrenzt. Die Hypostase kann als dynamischer Seinsdarunterstand bzw. „Wesensdarunterstand“ dem Akzidenzien inhärieren können, aufgefasst werden. Unter ‘Seinsdarunterstand’ wird hier also der letzte, rein empirisch nicht feststellbare, dynamische zugrundeliegende Seinsträger der realen Dinge bzw. des realen Wesens oder der Natur verstanden. Natürlich sind zufällige Eigenschaften eines Dinges auch von anderen zufälligen Eigenschaften desselben Dinges durch ihr spezifisches Sosein abgegrenzt. So unterscheidet sich z. B. das Dunkelrotsein der Kirsche von ihrem Fruchtig-süß-Sein. Die Kirsche bliebe überdies Kirsche, auch wenn sie nicht dunkelrot ist und nicht fruchtig-süß wäre. Ihre Farbe und ihr Geschmack sind somit für das Kirschsein nicht soseinskonstitutiv und damit akzidentell.
Was ist eine konstitutive Natur?
Diese Gedanken sollen nun noch etwas vertieft werden, damit das Resultat der Überlegungen auf die Person übertragen werden und hier möglicherweise zu vertiefender Erkenntnis führen kann. Was ist für das Kirschsein der Kirsche seinskonstitutiv? Wenn es nicht die zufälligen Bestimmtheiten (Eigenschaften) der Kirsche sind, die das Sosein der Kirsche ausmachen, so ist es vielleicht die Summe der charakteristischen Eigenschaften der Kirschfrucht? Wäre diese These richtig, so ist die Kirsche ein Konglomerat von bestimmten charakteristischen
Eigenschaften. D. h. die Kirschfrucht wäre keine einheitliche Ganzheit, hätte kein Wesen, sondern ein zufällig bzw. formlos zusammengesetztes Konglomerat von einzelnen Bestimmtheiten von etwas, das nicht mehr wäre als eben diese Bestimmtheiten. Wenn die Kirsche als Frucht keine reine ungeordnete Ansammlung von akzidentellen Proprietäten ist, so wird ihr Sosein durch ein einheitsstiftendes Ordnungsprinzip, einen einheitsstiftenden ontologisch zureichenden Grund bestimmt. Dieser kann mit Ingarden als konstitutive Natur oder als konstitutivesWesen bzw. als konstitutive Form bezeichnet werden.
Der empirisch-funktionalistische Personbegriff kennt kein Wesen, keine konstitutive Natur oder substanzstiftende Form des Menschen und der menschlichen Person, deshalb fasst die empirisch-funktionalistische Persondefinition die menschliche Person als ein Bündel oder eine Ansammlung von bestimmten personalen Eigenschaften bzw. personalen Merkmalen, z. B. Bewusstseinseigenschaften, auf. Hierdurch wird u. a. die Identität der menschlichen Person zum Problem, denn welche Eigenschaft von etwas kann ontologisch personale Selbigkeit zureichend begründen? Eigenschaften setzenwesensnotwendig Identität voraus, ansonsten können es nicht Eigenschaften von etwas sein. Denn ohne die Selbigkeit diesesEtwas kann nichts seine Eigenschaft sein, da es als Etwas nicht existent ist. Aufgrund dieser und anderen Sachverhalten ist der empirischfunktionalistische Personbegriff inkohärent und inkonsistent, weshalb er nicht der gesuchte, adäquate Personbegriff sein kann.
Ein wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen Person und Nicht-Person hängt mit der ontologischen Beziehung von Personsein und ihrem konstitutiven Wesen, ihrer Form bzw. ihrer konstitutiven Natur zusammen. Angenommen, es handelt sich bei der soeben thematisierten Kirsche um eine reife dunkelrote Kirschfrucht, die ich eben vom Kirschbaum gepflückt habe. Da ich schon einige Kirschen gegessen habe, möchte ich sie an einem anderen Tag essen und bringe sie deshalb in einen Kühlschrank. Wenn ich nach zwei Tagen wieder in den Kühlschrank schaue, liegt dort eine Kirsche, wenn niemand sie weggenommen hat. Die Kirsche hat sich akzidentell verändert, sie ist z. B. kühler geworden, aber sie ist ein und dieselbe Kirsche geblieben, die ich vor zwei Tagen in den Kühlschrank gelegt habe. Was ist hierfür der ontologisch zureichende Grund?Wann verändert sich ein Ding so sehr, das es nicht mehr das ist, was es einmal war? Bewegen,Werden bzw. sich verändern kann nur etwas, das ist. Gibt es einen Unterschied zwischen der Veränderung einer realisierten chaotischen Soseinseinheit, z. B. eines Geröllhaufens und der Veränderung einer realisierten sinnvollen Soseinseinheit, wie z. B. des menschlichen Leibes? Der Seinsdarunterstand (das Zugrundeliegende) der Kirsche trägt die konstitutive Kirschnatur. Die konstitutive Kirschnatur besitzt bestimmte notwendige Wesenscharakteristika.
Vollzieht sich an der Kirsche eine solch große Veränderung, sodass die konstitutive Form (das Wesen bzw. die Natur) verfällt, z. B. indem bestimmte notwendige Wesenseigenschaften nicht mehr gegeben sind, etwa wenn die Kirsche verfault, so hat die Kirsche qua Kirsche aufgehört zu existieren, da sich ihr konstitutives Wesen verändert hat. D. h. weil die chaotische Soseinseinheit ein „chaotisches Wesen“ hat, lässt sie potentiell mehrere Veränderungen zu als ei ne sinnvolle Soseinseinheit, ohne dass Wesensveränderung zustande kommt.
Diesen Exkurs abschließend, kann also gemäß der eingangs dargelegten philosophischen Methode
resümiert werden, dass jedes selbständige Ding ein Wesen und damit auch eine konstitutive Natur hat, die nicht durch das Denken oder Erkennen des Menschen entsteht (oder dgl.), sondern durch den menschlichen Intellekt entdeckt und mittels der geistigen Anschauung als Verwirklichung der notwendigen Wesenheit, nach dem das reale Wesen ist, betrachtet werden kann. Dies gilt natürlich nur dann, wenn das Sosein der Dinge für den menschlichen Intellekt intrinsisch intelligibel ist, jedenfalls der Möglichkeit nach. Auch existieren die Akzidenzien nicht qua se, sondern ihr Dasein wird ihnen von der Substanz verliehen. Sie werden somit von dem dynamischen Seinsdarunterstand, der z. B. im Fall der menschlichen Person nicht einfach „hinter dem menschlichen Selbstbewusstsein steht“, im Dasein erhalten.
Warum die menschliche Person kein Akzidenz sein kann?
Durch diese skizzenhaften Ausführungen soll die Wesensunmöglichkeit des Akzidenzseins-der-Person deutlich gemacht werden. Gibt es noch weitere Wege der Erkenntnis, durch die diese Erkenntnis vermittelt werden kann? Prinzipiell scheint hierfür jeder intelligible personale Akt geeignet zu sein, z. B. der Erkenntnisakt der Person, dem erkennenden Subjekt diese Einsicht vermitteln zu können. Erkenntnis kann es nicht geben, ohne dass im abstrakten Sinn ge sprochen, ein Träger bzw. Subjekt der Erkenntnis existiert, der etwas erkennt. Das Trägersein einer Erkenntnis bedingt wesensnotwendig, dass das Sein des Erkenntnisträgers nicht wieder getragen werden kann. Warum ist dies so? Dies hängt auch mit dem notwendigen Wesen der Erkenntnis zusammen. Denn mit jeder echten Erkenntnis ist u. a. eine Berührung des erkennenden Subjektes mit dem Erkenntnisobjekt gegeben. Hierdurch wird auch eine Selbsttranszendens des erkennenden Subjektes vollzogen. Es kann aber keine echte geistigerkennende Berührung geben, wenn nicht ein letzter dynamischer Erkenntnisträger (Darunterstand) existiert, der das bewusstseinstranszendente Erkenntnisobjekt
unmittelbar berührt. Ohne eine unmittelbare intellektive Berührung kann es aber keine echte Erkenntnis geben. Werden diese Sachverhalte bedacht, kann die Erkenntnis bzw. Einsicht vermittelt werden, dass es wesensnotwendig zum bewussten bzw. erwachten menschlichen Personsein gehört, etwas überhaupt erkennen zu können. Dieses genuin menschlich-personale Vermögen ist ontologisch im menschlichen Personsein, das sich zum bewussten Personsein entfaltet hat, ontologisch fundiert. Diese Erkenntnis basiert auf dem intelligiblen Satz vom zureichenden ontologischen Grund.
Das Erkenntnisvermögen der bewussten menschlichen Person ist folglich noch grundlegender als das Intentionale-Vermögen der menschlichen Person. Denn um bewusst auf etwas überhaupt ausgerichtet zu sein, bedarf es der ontologisch fundierten genuin personalen Fähigkeit der Erkenntnis. Nur Personen können somit im Vollsinn des Wortes ‘Erkenntnis’ erlangen bzw. etwas einsehen, z. B. einen notwendigen Sachverhalt verstehend geistig umgreifen und so verinnerlichen. D. h., im Fall der Erkenntnis eines notwendigen Sachverhalts, zu verstehen, dass er sich so und so verhalten muss und sich nicht anders verhalten kann, als er sich verhält, in keiner möglichenWelt. Eine Erkenntnis ist
somit ein personaler Akt, der für das überaktuelle Eigenleben der menschlichen Person, das auch notwendigerweise zum bewussten bzw. erwachten menschlichen Personsein gehört, von entscheidender Bedeutung ist. Erkenntnis wird hier als synthetische Erkenntnis a priori bzw. a posteriori verstanden. Es gibt somit keinen Erkenntnis- resp. Informations- resp. Sinnzuwachs eines Erkennissubjektes, wenn es niemanden gibt, der etwas erkennt bzw. Information geistig aufnimmt. Ein lebloses Ding oder ein unbewusstes (kein Bewusstsein bzw. keinen Geist habendes) Subjekt kann nichts verstehen und geistig-erkennen, da ihm die notwendigen und hinreichenden Voraussetzungen für die rationale Erkenntnis überhaupt fehlen. Mit diesen Sachverhalten hängt auch das notwendig zum bewussten bzw. erwachten Personsein gehörende Vermögen der Wahrheitsfähigkeit der menschlichen Person zusammen.
Dass die menschliche Person in etwas Anderem inhäriert, ein reiner Bewusstseinsstrom, eine zeitliche Phase, ein Zustand von Etwas ist etc., ist also nicht nur psychologisch-denkunmöglich, sondern wesensunmöglich, wie dies durch die eben angeführten Sachverhalte, u. a. ex negativo, gezeigt worden ist. Mit der Wesenheit der menschlichen Person, die in jedem realen Wesen der menschlichen
Person individuell verwirklicht ist, ist es nicht vereinbar, eine akzidentale Eigenschaft eines dynamisch-geistigen Seinsträgers bzw. eine einheitskonstituive Seinsform oder ein Seinsfundament zu sein. Hieraus kann allerdings nicht berechtigterweise geschlussfolgert werden, dass hierdurch das Substanzsein der menschlichen Person erwiesen worden ist. Denn aus dem Nicht-möglich-seinvon-
Etwas folgt nicht der positive Beweis für etwas bzw. das Bestehen eines Sachverhaltes; in diesem Fall, dass die menschliche Person wesensnotwendig Substanz sei.
Um im Sinn der in der Einführung dargelegten Methode zur Sache selbst geistig vorzustoßen und mit dieser in eine, das eigene erkennende Subjekt transzendierende, erkenntnistheoretische Berührung zu treten, ist es notwendig, sich von vielen vorherrschenden Meinungen und philosophischen Vorurteilen frei zu machen. Dies gilt insbesondere für bestimmte philosophische Begrifflichkeiten, die von Vertreten bestimmterWeltanschauungen negativ konnotiert worden sind. Vor diesem geistigen Hintergrund erinnert Spaemann zu Recht daran, dass Philosophie zu treiben soviel heißt, wie „selber denken“ und dass der Philosophierende kein „Vorabanpasser“ ist, sondern nachWahrheit suchen soll, die für die menschliche Person, der Möglichkeit nach und bestimmt durch das Erkenntnisobjekt, erkennbar ist. D. h. in diesem Kontext geht es um die ontologische Wahrheit der menschli chen Person, da auch der PhilosophierendeMensch ist. Unter diesem Terminus der ‘ontologischenWahrheit’ wird hier das zu ergründende eigentliche Sein der menschlichen Person, also das urphänomenale menschliche Personsein in Abgrenzung zu philosophischen Denkkonstrukten und Doxologien zum Sein der menschlichen Person verstanden.
Zur Substanzialität der menschlichen Person
Die Substanzialität der menschlichen Person gilt es einerseits von den negativen Konnotationen, mit denen die Substanz im Laufe der Philosophiegeschichte belegt worden ist, zu befreien. Andererseits ist es aber notwendig, nach den Gründen zu forschen und zu fragen, was die zureichenden philosophischen Grün de für diese geistesgeschichtliche Entwicklung sind. Etwa, wenn der Substanz z. B. eine Adynamik im Sinn des Ausdruckes der „Klotzsubstanz“ unterstellt wird. Das Substanzsein der menschlichen Person ist freilich nicht ausschließlich empirisch-induktiv wahrnehmbar. Trotzdem ist natürlich jede Einsicht bzw. jede nicht-empirische Erkenntnis empirisch vermittelt. Die Substanzialität der menschlichen Person kann also nicht als solche gesehen, getastet, gerochen oder geschmeckt werden, wenn sie auch indirekt durch den personalen Leib erfahrbar wird. Die Substanzialität der Person bezeichnet somit den dynamisch-geistigen, einheitstiftenden Seinsdarunterstand, der eine rationale Natur normalerweise bewusst trägt und damit besitzt. Bei der menschlichen Person subsistiert die rationale Natur im geistig-personalen Seinsdarunterstand. Dieser ist auch für den
personalen Leib desMenschen seinskonstitutiv und hat nichts mit Starrheit etc. gemein.
Die menschliche Person ist eine Einheit von Leib und Geistseele. D. h., weder der Körper als solcher noch das geistige Lebensprinzip für sich allein sind eine menschliche Person. Wird folglich das personal-geistige Lebensprinzip durch den Tod vom Leib getrennt, so ist es, unter der Annahme der Unsterblichkeit zwar weiterhin das vom Leib getrennte personal-geistige Lebensprinzip, aber keine ‘ontologisch-eigenständige’ menschliche Person, die eine Einheit von Leib und Geistseele ist. Wird der geistige Seinsdarunterstand der menschlichen Person negiert, so wird auch entgegen der Alltagserfahrung und anderer empirischer Erfahrungen, sowie der einsichtigen Selbsterfahrung die diachronale Identität der menschlichen Person trotz aller materieller Veränderungen, denen der personale Leib des Menschen im Laufe seines Lebens unterworfen ist, fragwürdig bzw. unbegründbar. Die absolut gewisse Erkenntnis um das bewusste bzw. erwachte Personsein im si fallor sum oder im cogito sum, die durch nichts rein Materielles erklärt werden kann, kann es ohne das geistig-substantielle Sein der menschlichen Person nicht geben. Dies ist deswegen so, da z. B. eine Erkenntnis und das Verstehen eines bestimmten Sachverhaltes einen rationalen Geist voraussetzen, der ein Urphänomen ist und sich jeglichen Reduktionsversuchen, z. B. der Reduktion auf reine Materie und dgl. entzieht. Das reale Sein lässt sich einerseits als solches Sein begreifen, das in-sich-selbst-steht, subsistiert, also Eigenständigkeit, Selbstand besitzt. Welche weiteren wesensnotwendigen Charakteristika sind mit der Substanzialität des Seienden gegeben? Es kann, noch ohne verschiedene Arten von Substantialität zu unterscheiden, durch geistiges Hinblicken auf die Hypostase, den Seinsdarunterstand, die Erkenntnis vermittelt werden, dass mit dem In-sich-selbst-Stehen kontingenter Seiender auch eine Einheit und Geschlossenheit des Selbstandes verbunden sein muss. Überdies ist durch die Suche nach dem Seinsbegriff, der mit dem notwendigen Wesen der Person kompatibel ist, vertiefend deutlich geworden, dass zur notwendigen Wesenheit der Person (ratio formalis) nicht nur Seinsselbständigkeit, sondern auch Seinsautonomie gehört (vgl. Abb. 4.2.). Ferner besitzt die menschliche Person als dieses einmalig-individuelle menschliche Personsein eine höhere Form der Seinsaktivität und Seinsselbstmitteilung und damit auch eine höhere Form der Seinsrelationalität als alle nicht-personalen Substanzen und auch alle nicht-personalen Lebensformen (vgl. Abb. 4.6.). Die Seinsaktivität und Seinsselbstmitteilung der menschlichen Person gründet wesentlich in ihrem Substanzsein. Die geistige Substanz der menschlichen Person ist also qua ihres Substanzsein auf Bezogenheit zu anderem Seienden hin angelegt. Diesen entscheidenden Aspekt des geistigen Personseins desMenschen zu verkennen, heißt letztendlich auch seine Substantialität zu verengen und damit letztendlich zu verkennen.
Somit wird auch deutlich, dass Substanzsein nichts mit der Starrheit und adynamischer Abgeschlossenheit eines „Seinsklotzes“ oder dgl. zu tun hat, vielmehr können diese inadäquaten Aufassungen auf einem reduktionistischen Seinsbegriff oder anderen Reduktionismen, wie z. B. dem Mind-Brain-Reduktionismus zurückgeführt werden. Diese Reduktionismen sind deswegen inadäquaten Auffassungen, da sie der Wirklichkeit der menschlichen Person nicht gerecht werden, denn eine erwachsene und bewusste menschliche Person zeichnet sich im Kontrast zu allem apersonalem Seienden durch höchste Seinsaktivität und Seinsmitteilung aus. Dieser Sachverhalt wird z. B. im Phänomen der communio-stiftenden personalen Liebe von Mann und Frau deutlich.
Wie bsd. im Kap. 4.7. herausgearbeitet wird, besitzt die Seinsaktivität und Seinsmitteilung der menschlichen Person, abhängig von den verschiedenen Entwicklungsstufen und Graden der Vervollkommnung der menschlichen Person unterschiedliche Formen und Abstufungen. Die Seinsaktivität und Seinsmitteilung der menschlichen Person münden schließlich in ihrer Selbsttranszendenz auf ein anderes Du hin. Da die bewusste und erwachte menschliche Person Herr ihrer selbst ist, besitzt sie sich bewusst und kann sich an ein anderes Du verschenken und so per Selbsttranszendenz in der Selbstverschenkung zur nicht direkt-intendierten Seinsvertiefung und Seinsvollendung ihrer selbst gelangen. Werden ferner verschiedene substantielle Seiende auf eben erwähnte Charakteristika hin miteinander verglichen, so fällt auf, dass diese je vollkommener ausgeprägt sind, desto höher das jeweilige Seiende in der Seinsordnung angesiedelt ist. D. h. die Seinsvollkommenheit steht in direkter Korrelation zur Vollkommenheit der jeweiligen Substanz. Und andererseits existiert solches Sein, das keinen Seinsdarunterstand hat und somit auch nicht in sich selbst steht, also keinen Selbstand besitzt. Letzteres ist „hinzugetretenes Sein“, das einem anderen Selbstand inhäriert. Das hinzugetretene Sein eines einzelnen Dinges kann auch als dessen nicht-wesentliche Eigenschaften bezeichnet werden. Der ontologische Unterschied zwischen dem Selbstand-Sein und dem Nicht- bzw. Hinzugetretenen-Sein ist ein fundamentaler. Er ist alles andere als überkommend, ob er nun z. B. in der Scholastik thematisiert worden ist oder nicht, ändert nichts an dem Bestehen dieses intellegiblen Sachverhaltes. So ist z. B. einsichtigerweise mit Ingarden vor der unbewussten Vermengung von Eigenschaften und Sachverhalten zu warnen. Natürlich gibt es auch andere Erklärungsansätze und philosophische Theorien, doch widersprechen diese m. E. den angedeuteten, prinzipiell einsichtigen und im Sosein der Wirklichkeit fundierten wesensnotwendigen Sachverhalten. Der Selbstand ist nicht per se etwas Adynamisches und Starres, sondern eine gewisse Vollkommenheit, die dem dynamischen und adynamischen Sein unhintergehbar zu Grunde liegen kann.
Mit der nächsten Antwort komme ich zum vorläufigen Abschuss meiner Antwort auf Ihre @Coatis Frage.