Mensch und Gott - Vorlesungsbegleitende Diskussion

Auf dieser Seite findet die vorlesungsbegleitende Diskussion zur Vorlesungsreihe „Mensch und Gott - Wichtige philosophische Wahrheitserkenntnisse“ statt.

Über die Vorlesungsteilnehmer hinaus, sind Interessierten eingeladen mitzudiskutieren.
Fragen können von allen beantwortet werden.

Alle Vorlesungen sind als Video verfügbar und können ausgeliehen bzw. gestreamt werden.

Ein Kursteinehmer schrieb mir u.a.:

Ich konnte einiges dazu lernen. Den Begriff der abduktiven Erkenntnis kannte ich noch nicht.

Habe ich den richtig verstanden? „Weil ich die Wahrheit nicht kenne, gibt es keine Wahrheit. Und weil es keine Wahrheit, gibt kann sie niemand kennen.“

Jedenfalls so oft ich diese persönliche Erkenntnis hörte folgte dieser Schluss.

Was abduktive Erkenntnis ist, wird hier erklärt:

Der erste Schluss „ Weil ich die Wahrheit nicht kenne, gibt es keine Wahrheit.“ Ist ein logischer Fehlschluss / Paralogismus, da logischerweise nicht folgerichtig aus einer Nichtkenntnis oder Nichtbeobachtung auf die Nichtexistenz geschlossen werden kann.

Weil ich sie nicht kenne, gibt es Sie nicht. Folgt der gleichen Logik….

Weitere Aufsätze, wie „Was ist Phänomenologie“ von Adolf Reinach und auch dieser Aufsatz von Seifert sollten Sie studieren https://www.aemaet.de/wp-content/uploads/2018/09/Die-Bedeutung-von-Husserls.pdf

Damit Sie Ihren durch den Glauben und die Offenbarung gewonnenen richtigen Erkenntnisse auch auf ein solides rationales Fundament stellen können. Dies ist besonders in der Diskussion mit anders Gläubigen oder Atheisten oder Agnostikern wichtig…

Hier leistet die realistische Phänomenologie einen wichtigen Beitrag. Die vielen Konversionen im frühen Schüler Kreis von Edmund Husserl sprechen eine deutliche Sprache.

Ich würde mich freuen, wenn Sie in unseren ganzen Kurs Ihren Glauben, der nach Einsicht sucht weiter einbringen könnten, um mit dem heiligen Anselm von Canterbury zu sprechen.

Die erste Frage: Weshalb dürfen theologische Wahrheiten nicht in die realistische Phänomenologie einfließen?

Wenn ein Mensch über sein Wesen, sein „Notwendiges Sein“, über seine Existenz, über seinen Sinn, sein Dasein – wie immer man es nennen will ehrlich nachdenken will, so muss es ihm doch erlaubt sein alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen?

Unabhängig welche Bildung, welche Erziehung, welche Erlebnisse er erfahren hat – für eine wahrhaftige Betrachtung und Hinterfragung seiner Existenz ist es ihm nicht möglich und auch nicht sinnvoll - alle gesammelten Informationen zu verwerfen.

Es ist ihm praktisch nur möglich die Schlüsse die er oder andere aus diesen Infos gezogen haben zu begutachten und gegebenenfalls zu verwerfen.

Aber für einen kompletten Reset seines Denkens gibt es keinen Knopf. Wie Descartes sagt- cogito ergo sum. Würde ein Mensch sein Denken auf Null setzen, würde er gleichzeitig seine Existenz auslöschen.

Was dem Menschen möglich ist – sein persönliches Denken, sein Verstand, seinen Geist ziemlich weit herunter zu fahren, sofort erlebt er, dass andere Denkweisen, andere Geister sich seines Daseins bemächtigen.

Descartes grundlegende Erkenntnis erreichte er, wie er sagt, durch die unterschiedlichsten Infos, die er auf seinen Reisen gesammelt hat. Und wie ich denke hat er sich von Anselm von Canterbury inspirieren lassen, der den ontologischen Gottesbeweis lieferte. Weil der Mensch fähig ist das Größte zu denken existiert Gott. Den eine Existenz ist auf jeden Fall größer als eine Nicht-Existenz. Und wenn es nicht das Größte ist, kann es nicht Gott sein. Descartes – weil der Mensch fähig ist zu denken existiert er. Eigentlich für jedes Kind nachvollziehbar. Eine Verleugnung der persönlichen Existenz und der Existenz Gottes hat deshalb keinen logisch wahrhaftigen Hintergrund, den selbst die Möglichkeit des Irrtums bestätigt die erwiesene Existenz.

Welche Eigenschaft, welchen Namen, welche Wesensart Gott oder ein Mensch hat darüber lässt sich ehrlich diskutieren, aber nicht über die Existenz an sich. Die kann ich nur bejahen oder eben unehrlich verleugnen.

Hoch interessant fand ich deshalb in diesem sehr kleinen Rahmen der beiden Vorlesungen diesen Reduktionismus der möglichen Urexistenz. Wenn ich sehe, dass ETWAS ist, so sollte es erlaubt sein zu denken – wo kommt dieses ETWAS her.

So wie Sie Josef nach der IDEE und dem HAUS gefragt haben. Wenn ein Haus sinnvoll existiert so, dass es für Menschen bewohnbar ist, Wände, Dach, eine Türe, Fenster, usw. hat, so hat sich jemand etwas dabei gedacht. Und wenn sich jemand etwas gedacht hat, so hatte er Ideen, die er sinnvoll zusammengestellt hat. Und wenn diese Ideen sinnvoll sind, so hat er diesen Ideen sinnvoll existierende Maße von existierenden Wesen zugeordnet. Bei einem x-beliebigen Steinhaufen kann ich dies nicht erkennen. Er hat keine definierten Maße, ist nicht bewohnbar, es ist keine sinnvolle Funktion erkennbar und trotzdem existiert auch dieser.

Für mich bedeutet dies, dass es beide Möglichkeiten gibt. Es existieren Zufälligkeiten und Nicht-Zufälligkeiten neben einander. Es gibt Ordnungen und Unordnungen- auch für jedes Kind begreifbar. Behaupte ich, dass es nur das eine oder andere gibt reduziere ich meine Wahrnehmung auf unehrliche Weise. Betrachtet man die Kinderzimmer, Schreibtische, Werkstätten, Desktops, menschliche Beziehungen kann man sehr leicht erkennen, dass es Ordnungen, sinnvolle Planungen und Unordnungen, Zufälligkeiten fast überall gleichzeitig anzufinden sind. Je nach Wesensart der Personen mal mehr mal weniger. So auch in der Natur gibt es verlässliche Naturgesetze und zufällige, unberechenbare Katastrophen. Manchmal kann man hinter Zufälligkeit berechtigter Weise keine Ordnung erkennen. Und etliche Male sind hinter Ordnungen mehr Zufälligkeiten erkennbar. Zum Beispiel – Über Nacht ist mitten auf dem schönen, gepflegten Rasen ein kleiner Erdhügel entstanden. Dieser Erdhügel hat keine geordneten Maße ein rein zufällig gestalteter Haufen Erde und zerstört eigentlich den ordentlichen Rasen. Der Maulwurf dachte sich null und nichts dabei und hat den Besitzer des Rasens nicht gefragt. Er hat nur den Dreck aus seiner Wohnung geräumt. Diese Ordnung ist für den Gärtner nicht erkennbar, weil sie unterirdisch ist. Unter jedem von Menschen bewohnbaren Haus ist eine unterirdische zufällige Anordnung der Erde. Vielleicht ist beim Bau des sichtbaren oberirdischen Hauses auch zufällig die ordentliche Wohnung des Maulwurfs zerstört worden?

Zurück zum Existenziellen. Es kann also die Existenz durch materiellen Zufall erklärt werden und durch eine metaphysische Idee. Ist keine Idee erkennbar so ist es erlaubt diese Existenz dem Zufall zu zu schreiben. Ist eine Idee erkennbar so sollte dies erlaubt sein mit dem „NICHT-ZUFALL“ mit einer ordentlichen Planung zu rechnen. Wenn beides erlaubt ist, dann sollte eine Reduzierung nur auf eine Möglichkeit ehrlicher Weise verboten sein – gehe ich richtig in dieser Annahme?

Ein Diskussionsteilnehmer sprach von einer möglichen materialistischen Erklärung aller Dinge. Der Andere von einer möglichen Determinierung aller Dinge. Beide haben doch den Geschmack des Reduktionismus?

Jedenfalls der „theologische“ Schöpfungsbericht erwähnt in den ersten 2 Sätzen der Bibel beide Möglichkeiten. Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Hier wird ein nicht materieller Schöpfer erwähnt. Und die Erde war wüst und leer. Und es war Finsternis auf der Tiefe. Unzweifelhaft ein zufälliges, unordentliches, unsichtbares Durcheinander. Als nächstes wird wieder ein denkender – über allem brütender, schwebender Geist erwähnt, der als erste Tat Licht macht- alles sichtbar macht. Am 2. Tag schafft er eine Feste, ein Fundament und ein himmlisches Klima. Wer sich an diese Reihenfolge hält wird erfahren wie sinnvoll und wahrhaftig diese Form im Gegensatz zum Big Bang ist.

Die letzten paar Jahre rede ich mir den Mund fusselig mit den 5 Kinder die an 5 verschiedenen Schulen unterrichten. Haltet euch bloß nicht an den Lehrplan, der die Schüler so materialistisch tressieren will. Haltet euch an die Schöpfungsordnung. Denkt zuerst nach, schafft Licht - lernt die Schüler als Person kennen und lieben, schafft ein gutes bis himmlisches Klima im Klassenzimmer, geht auf zwischenmenschliche Probleme sorgfältig ein, nehmt`s euch diese Zeit! Bitte nehmt euch diese Zeit bevor ihr mit dem Unterrichtsstoff des Kultusministeriums beginnt. Dieser Kampf ist nicht einfach. Die Schüler achten es schnell, dass sie als Personen wahrgenommen und geliebt werden. Allerdings erst später verstehen es die Eltern, dann das Kollegium und manchmal auch der Rektor. Die Rektorin einer Handelsakademie wollte meinen Sohn schon nach dem ersten Jahr wieder los werden, weil er angeblich nicht unterrichten kann. Die Schüler sammelten von sich aus 270 Unterschriften mit der Bitte, dass er bleiben soll. Da revidierte sie ihre Entscheidung. Die Zwischenergebnisse unserer Erkenntnis sind unzureichend für eine realistische Phänomenologie. Was bringt das Finale? Schließt sich der Kreis – stimmen die Vorurteile, die Aktionen die zu einem logischen, reproduzierbaren, konstruktiven, sinnvollen Endresultat führen, so habe ich richtig gerechnet. Ist das Endresultat zufällig, so wird es sich nicht ordentlich wiederholen lassen und hat keinen Anspruch auf Sinnhaftigkeit, Sicherheit, Funktion und Sauberkeit. Siehe die politischen Anordnungen der Corona Krise. Ein falsches Menschenbild als rein zufällig chemisch, materialistische Wesensart verleugnet die psychische Belastung der Menschen durch die Panikmache und zwingt die Legislative zu rein materialistischen Maßnahmen, die als Endresultat nicht nur ein wirtschaftliches und soziales Desaster bringen, sondern auch das Immunsystem des Menschen schwächt und bei kommenden Viren unsere Gesundheit gefährdet.

Der Zufall hat seine Daseinsberechtigung! Betrachtet man das linguistische Phänomen dieses Wortes bekommt man eine Vorahnung für den Sinn. Versteht man die linguistisch, falsche Betonung, dass nicht der doppelte Konsonant sondern der erste Vokal hervor gehoben wird, dass nur dies ihm eine überaus schöpferische Tätigkeit ermöglicht, und seinen eigentlichen Charakter komplett verleugnet.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass eine bewusste Verleugnung von Tatsachen etwas mit realistischer Phänomenologie zu tun hat.

Gibt es für so eine Phänomenologie eine Adjektiv? Meiner Meinung nach müsste es aus Angst vor Verantwortung und resultierender unbegleichbarer Schuld beinhalten. Vielleicht „Antikasko“ Phänomenologie?

@Hiob Sie fragen:

„Weshalb dürfen theologische Wahrheiten nicht in die realistische Phänomenologie einfließen?“

Realistische Phänomenologe sind für die ganze Wirklichkeit und all ihre Wahrheiten offen. Ihre Frage zielt also nicht speziell auf die realistische Phänomenologie ab, sondern gilt für die gesamte Philosophie. Wir können also allgemeine fragen, weshalb dürfen theologische Wahrheiten nicht in die Philosophie (= die realistische Phänomenologie wird als „Methoden des Philosophierens“ schlechthin begriffen) einfließen?"
Über dies fällt mir bei Ihrer Frage auf, dass sie geschlossen ist. Ich formuliere sie deshalb in eine offene Frage um: Dürfen theologische Wahrheiten in die realistische Phänomenologie / Philosophie einfließen?
Diese Frage kann mit einem Ja beantwortet werden. Theologische Wahrheiten dürfen in die realistische Phänomenologie / Philosophie einfließen. Da die Philosophie aber eine strenge Wissenschaft ist, gilt es methodisch korrekt vorzugehen. Um weiter zu einer Antwort vorzustoßen, können wir fragen: In welchen genauen Verhältnis steht die Wissenschaft der Philosophie und die Wissenschaft der Theologie? Folgende Grafik habe ich entworfen, um das Verhältnis von Theologie und Philosophie darzustellen:


Nun zeigt sich, dass es verschiedene Arten von theologischen Wahrheiten gibt, nämlich solche, die eine Schnittmenge mit der Philosophie aufweisen und solche die keine Schnittmenge mit der Philosophie aufweisen…
Theologische Wahrheiten, die auch mit der menschlichen Vernunft erkannt werden können, zum Beispiel dass der Mensch eine Geistseele besitzt, sind ausdrücklicher Gegenstand der Philosophie…
Andere theologische Wahrheiten, die wir nicht mit der menschlichen Vernunft erkennen können, zum Beispiel dass es drei göttlichen Personen gemäß der christlichen Offenbarung gibt etc., sind kein direkter und ausdrücklicher Gegenstand der Philosophie.

Da das Wort „einschließen“ aus Ihre Frage mehrere Bedeutungen haben kann, ist es sinnvoll, verschiedene Bedeutung des Wortes „einschließen“ zu unterscheiden.

  1. Als ausdrücklicher Gegenstand innerhalb einer Wissenschaft thematisiert werden
  2. Indirekt, lenkend und erkenntnisvermittelnd (Zum Beispiel ist die Erkenntnis Robert Spaemanns, dass es Personen nur im Plural gibt, eine solche.)

Nun möchte ich noch speziell auf die Realistische Phänomenologie näher eingehen:

Philosophie heißt Selbstdenken - und wie in der Mathematik kann man bestimmte Wahrheiten anführen, doch solange man sie nicht selbst nach Möglichkeit zur Einsicht gebracht hat (in der Mathematik bewiesen hat), sind es im besten Fall Fremdeinsichten, D.h. man vertraut auf Autoritäten und diese können sich irren… Deswegen sind die Autroitätsargumente in der Philosophie die schwächsten aller Argumente…

Soweit es also durch die Gegebenheiten möglich ist, sollen philosophische Erkenntnisse zur Einsicht gebracht werden. Hierbei soll Husserls Maxime zu den „‘Sachen selbst’ zurück[zu]gehen“, realistisch interpretiert, entsprochen werden. Es soll also z. B. nicht einfach ein, wie auch immer gearteter Universalienrealismus postuliertwerden und dann deduktiv aus diesem Postulat unter der Anwendung der hier zu behandelnden Fragen, die dem Paradigma gemäße Konklusion gezogen werden. Durch eine solche Vorgehensweise steht der Philosophierende in der Gefahr, den Sachkontakt zu verlieren und anstatt aus dem unmittelbaren Sachkontakt heraus zu philosophieren, die Dinge in seine eigenen konstruktivistischen Theorien einzupassen. Mit Husserl soll also die realistische Phänomenologie als Methode des Philosophierens angewandt werden, und zwar unter Anwendung des „Prinzip[s] der Voraussetzungslosigkeit“.[1]
Die im direkten Sachkontakt mit der Wirklichkeit, mit den Sachen selbst und den in Wirklichkeit bestehenden Sachverhalten gewonnenen Einsichten schließen natürliche andere, zu diesen gewonnenen Einsichten sich kontradiktorisch verhaltende Sachverhalte und Theorien aus. Insofern ist eine aus dem Sachkontakt gespeiste Theoriebildung unvermeidlich und wünschenswert. Diese unterscheidet sich aber wesentlich von anderen philosophischen Theorien, die z. B. aufgrund ihres Systemcharakters und möglichen All- resp. Vielerklärungsanspruchs oder falscher Simplifizierungen und Reduktionismen u. a. gegen die realistisch interpretierte Grundmaxime der realistischen Phänomenologie „zurück zu den ‘Sachenselbst’“ verstoßen. Auch ist z. B. das Originär-Gegebensein eines Sachverhaltesmittels der Einsicht in epistemologischer Hinsicht wesensverschieden von dem sachfernen Wissen um das objektive Bestehen von Sachverhalten, die als solche dem erkennenden Subjekt nicht unmittelbar gegeben sind. So ist z. B. die Einsicht in einen notwendigen Sachverhalt, falls es sich um eine wirkliche Einsicht handelt, absolut gewiss, da das erkennende Subjekt geistig versteht, dass ein bestimmter Sachverhalt aufgrund intrinsischer, im jeweiligen notwendigen Sosein wurzelnder, intelligibler Notwendigkeit so sein muss und nicht anderes sein kann.

Was versteht Edmund Husserl unter dem Prinzip der Voraussetzungslosigkeit?
[1]

„Das Prinzip [der Voraussetzungslosigkeit] kann aber unseres Erachtens nicht mehr besagen wollen als den Ausschluß aller Annahmen, die nicht phänomenologisch voll und ganz realisiert werden können. Jede erkenntnistheoretische Untersuchung muß sich auf rein phänomenologischem Grunde vollziehen. Die ‘Theorie’, die in ihr angestrebt wird, ist ja nichts Anderes, als Besinnung und evidente Verständigung darüber, was Denken und Erkennen überhaupt ist, worin sein Rechtsanspruch auf Gegenständlichkeit eigentlich besteht, welches die wesentlichen Formen sind, die zur Idee der Erkenntnis, zumal zur Idee der Erkenntnis a priori gehören, in welchem Sinne die in diesen Formen gründenden ‘formalen’ Gesetze Denkgesetze sind, und in welchem Sinne sie die ideale Möglichkeit von theoretischer Erkenntnis und von Erkenntnis überhaupt umgrenzten. […] Soll diese Besinnung auf den Sinn der Erkenntnis kein bloßes Meinen ergeben, sondern wie es hier strenge Forderung ist, einsichtiges Wissen, so muß sie sich rein auf dem Grunde gegebener Denk- und Erkenntniserlebnisse vollziehen. Daß sich die Denkakte gelegentlich auf transzendente oder gar auf nicht existierende und unmögliche Objekt richten, tut dem keinen Eintrag. Denn diese gegenständliche Richtung, dies Vorstellen und Meinen eines phänomenologisch nicht realisierten Objekts, ist natürlich ein deskriptiver Charakterzug im betreffenden Erlebnis, und so muß sich der Sinn eines solchen Meinens rein auf Grund des Erlebnisses selbst klären und feststellen lassen; ja auf andere Weise wäre dergleichen auch nicht möglich“

Husserl, Edmund (1901). Logische Untersuchungen - Zweiter Theil - Untersuchungen zur Phänomenologie. S. 19-20.

Dies ist meine erste Antwort auf Ihre erste Frage.

Seiten 135-137, durch die ein weiteren Antwortversuch auf Ihre Fragen unternommen wird, stammen aus meiner Arbeit und können hier heruntergeladen werden: Bexten, Raphael E. Was ist menschliches Personsein?-Der Mensch im Spannungsfeld von Personvergessenheit und unverlierbarer ontologischer Würde. Diss. Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, 2017.

Verhältnis_Theologie_Philsophie
Verhältnis_Theologie_Philsophie2 Verhältnis_Theologie_Philsophie3

@Hiob Sie schreiben:

„Welche Eigenschaft, welchen Namen, welche Wesensart Gott oder ein Mensch hat darüber lässt sich ehrlich diskutieren, aber nicht über die Existenz an sich. Die kann ich nur bejahen oder eben unehrlich verleugnen.“

Haben Sie schon einmal mit jemanden diskutiert, der in diesem Punkt eine andere Meinung vertritt? Hier haben Sie eine Möglichkeit dazu: https://www.youtube.com/watch?v=QX_4_ccJzEs Vgl. den Kommentar von AnnOnuem75…

Überdies schreiben Sie @Hiob:

„Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass eine bewusste Verleugnung von Tatsachen etwas mit realistischer Phänomenologie zu tun hat.“

Wann und wo hat jemand bewusst Tatsachen verleugnet? Könnten Sie bitte Ihre Aussage mit Zitaten belegen? Bitte verwechseln Sie nicht methodische Urteilszurückhaltung mit Verleugnung von Tatsachen…
Das schöne an der Philosophie ist, dass sie prinzipiell jeden Menschen anspricht, auch den, der Gottes Existenz verleugnet, oder für nicht erkennbar oder dergleichen hält…

@Hiob Sie urteilen:

„Gibt es für so eine Phänomenologie eine Adjektiv? Meiner Meinung nach müsste es aus Angst vor Verantwortung und resultierender unbegleichbarer Schuld beinhalten. Vielleicht „Antikasko“ Phänomenologie?“

Meinen Sie, dass Sie mit dem eben zitieren Urteil der Realistischen Phänomenologie und den Realistischen Phänomenologen, wie z.B. Edmund Husserl und der hl. Edith Stein gerecht werden? Ich glaube nicht… Urteilszurückhaltung, Studium und Lektüre wären hier angebrachter.

"Köln-Lindental - 23. III. 38
Liebe Sr. Adelgundis,

unsere Grüße gehen von einem Sterbebett zum andern. Unsere Schw. Clara ist heute nach einem Jahr des Leidens sehr sanft in die Ewigkeit hinübergegangen. Ich habe ihr unsern lieben Meister sehr empfohlen und werde es heute nacht wiederum tun während der Totenwache. Ich glaube, daß man in ihrer Begleitung sehr gut aufgehoben ist. Sie war unsere älteste Laienschwester, unermüdlich in den niedrigsten Arbeiten, aber ein starker und männlicher Geist, der das Karmelsideal mit aller Entschiedenheit erfaßt und gelebt hat. So ist es aus dem Glauben ein ganz geistiges Leben gewesen.

Um meinen lieben Meister habe ich keine Sorge. Es hat mir immer sehr fern gelegen zu denken, daß Gottes Barmherzigkeit sich an die Grenzen der sichtbaren Kirche binde. Gott ist die Wahrheit. Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht. Für jede Nachricht bin ich Ihnen herzlich dankbar. Am 21. IV. ist meine ewige hl. Profeß, am 1. V. das Schleierfest. Auf Ihren Brief zum 21. hin konnte ich mir gleich die gemeinschaftliche Kommunion der Schwestern – unser Namenstagsgeschenk – für Husserl erbitten.

Herzlichst Ihre T. B. a C.

Schw. Benedicta bat, es ihnen nachzuschicken.

Herzl. Gruß Schw. Placida"

Quelle: Edith Stein / Sr. Teresia Benedicta a Cruce Selbstbildnis in Briefen II (1933-1942).

Am besten, ich fange bei eindeutig, ehrlichen Fragestellern an – bei Ihnen.

Laut Ihren Kommentaren und Ihren Seiten 135-137 und dem Referat von Josef darf ich davon ausgehen, dass sie die Wahrheit lieben und ehrliche Philo – Sophie schätzen.

Sie haben natürlich Recht, ich sollte keine geschlossenen Fragen stellen. Sie sind meiner Ungeduld geschuldet.

Auf einer ehrlichen Suche nach wahrhaftiger Erkenntnis habe ich zu viele Schritte übersprungen. Wenn ich meine laienhafte Bildung, meine geringe Zeit die ich zur Wahrheitssuche ins Verhältnis setze zu den Profis, so nehme ich allzu oft für mich selbstverständliche Dinge als allgemein bekannt an. Dabei vergesse ich immer wieder, wie verzweifelt ich nach der Wahrheit gesucht habe und sie mir persönlich gnadenhalber in der Bibel offenbart wurde. Es war kein Prozess sondern eine spontane Offenbarung, die genau alle die Fragen logisch beantwortete, deren Antwort ich in Todesverzweiflung gesucht hatte. Da war niemand, der sagte: „Das musst du halt glauben. Nimm es einfach an. Versuch es einmal.“ Oder sinngemäß ähnliches. Diese Wahrheit war so spontan überzeugend, dass ich bei mir schwor: „Wenn niemand mehr daran glaubt, ich will daran festhalten. Ich kann mit meinem verpfuschten Leben nichts anfangen, ich schmeiß es fort. Wenn dieser Gott dieses Buches mein Leben haben will, wenn ER etwas damit anfangen kann, dann kann ER es haben.“

Ich hatte keine Ahnung wohin diese Prämisse mich führen wird. Wie schon erwähnt, da war kein Lehrer, kein Priester, kein Guru, keine Sekte, keine Kirche, kein Verein, da war niemand – es war wahrhaftig eine ganz private Entscheidung in meinem Kämmerlein. Dies zum besseren Verständnis meiner Person. Die erweiterte, tiefergehende Wahrheitsfindung war ein Prozess ausgelöst durch das Lesen dieses Buches dem ich das Ende meiner Verzweiflung verdankte. Dort stand auch, dass die Wahrheit eine Person ist – Jesus Christus sagt es von sich selbst: Joh.14,6 : „ Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Laut diesem Buch gibt es nur eine christliche Philosophie. Jeder Freund der Weisheit bzw. der Wahrheit (Lügen sind nicht weise, sie führen in ungewollte Abhängigkeiten) ist auch ein Freund von Jesus Christus. Und wer nicht für IHN ist, ist gegen IHN. Laut diesem Buch gibt es keine neutrale Position gegenüber IHM und der Wahrheit. Und wenn jemand behauptet, dass dies meine persönliche Erkenntnis ist, dann hat er gelogen, weil ich eindeutig nicht dieses zusammengefasste Buch mit den 70 Büchern geschrieben habe. Und wenn jemand behauptet, dass es von Menschen erdacht ist, dann hätte ich gerne eine logische Erklärung wer zum Beispiel das Buch Hiob geschrieben hat. Wer würde sich so eine Geschichte ausdenken? Ich weiß, ich renne bei Ihnen und bei Josef damit offene Türen ein. Wenn ich euch eurer Liebe, eurer Suche, eurer Vermittlung zu Wahrheit etwas beisteuern kann, freut es mich!

Ich will versuchen etwas tiefere Gedanken zum viel zitierten Zufall zu liefern. Geschichtlich betrachtet haben Philosophen sich Gedanken gemacht über SEIN und NICHT-SEIN, über SINN und UNSINN, über ZEIT und EWIGKEIT, über RAUM und UNENDLICHKEIT. Dabei haben sie die unterschiedlichsten Theorien entwickelt. Manche Theorien wurden weiter entwickelt, andere neue sind entstanden, andere verworfen. In den verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte in verschiedenen Gegenden herrschten mal diese Mal jene. Und öfters bekämpften sie sich gegenseitig bis aufs Blut. Ich denke, soweit sind wir uns alle einig?

Speziell für die Existenz des Weltalls und des Menschen gab es und gibt es bis heute zweierlei Erklärungen, die beide eine bestimmte Berechtigung haben. Es gibt den Monotheismus der alles auf eine Einheit zurückführt. Und es gibt den Polytheismus, der alles auf eine Vielfalt zurückführt. Beides ist vorhanden. Die Namen des Gottes bzw. der Götter haben sich geändert aber nicht ihre Funktion. In der heutigen, „westlichen Welt“ heißt dieser allmächtige Gott – ZUFALL. Ihm wird ein omnipotenter, kreativer Schöpfungsgeist zugesprochen. Er wird massiv, leidenschaftlich, teilweise sehr aggressiv und exklusiv indoktriniert. Er erhält den unantastbaren Heiligkeitsstatus. Man lese den höchst geachteten Stephen Hawkins. Es ist nicht mehr Zeus oder Jupiter oder die große Diana von Ephesus sondern der ZUFALL hat alles erschaffen und es darf nichts geben, das er nicht geschaffen hat. Die Wissenschaftler knien vor ihm, aber ohne ihm zu opfern. Manche umschreiben ihn mit NATUR. Aber es sind eben auch nur unpersönliche, ideen- und kompetenzlose 5 Buchstaben.

Das Buch der Bibel bietet eine vernünftige und schlüssige Erklärung. Es gibt Einheit UND Vielfalt bei dieser Schöpfungstheorie. Ein Schöpfer dieser beiden muss beides logischerweise in sich beherbergen um beides zu realisieren. Das notwendige Dasein muss mindestens 2 oder 3 Personen in sich vereinen. Bei dieser Theorie – der Dreieinigkeit ist ein Streit bis aufs Blut ob Mono oder Poly komplett überflüssig. Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit - beides erklärt vernünftig die existierende Einheit und Vielfalt.

Es bedarf einer sehr tiefen, blinden Gläubigkeit - Zufall und Natur - als ideenreiche, sinnvolle berechenbare Faktoren für die Existenz aller Wesen zu behaupten. Da sind die antiken Gestirns Götter wie Sonne und Mond wesentlich vernünftiger für eine Schöpfungstheorie. Sie haben wenigstens eine eigene Ausstrahlung eine berechenbare Entfernung, Laufbahn, Substanz und Energie. Sie waren von Zeit zu Zeit sichtbar und definitiv menschlich unabhängig. Man hat ihnen über Jahrhunderte Wesenszüge angedichtet, denen sie nicht gerecht werden konnten. Somit wurden diese Gottheiten von der aufgeklärten Menschheit verworfen. Als Ersatz müssen nun Natur und der Zufall für die ausgefallenen Gottheiten dienen. Die Aufklärung war nicht sonderlich förderlich für die menschliche Vernunft bezüglich der menschlichen Existenztheorie. Gespiegelt wird dies in der „aufgeklärten“ modernen Kunst. Allerdings die reale, berechenbare Wissenschaft, die Technik hatte sich komplett gelöst von diesen unvernünftigen Schöpfungstheorien. Kein Computer kann auf ein „vielleicht Bit“, auf ein „das kann man nicht wissen Bit“ oder gar auf ein „nicht existentes Bit“ reagieren. Er braucht klare Einsen und Nullen in exakten abgezählten Rahmen um berechenbar zu funktionieren. Da heute praktisch jeder moderne Mensch diese exakt berechnete Technik in Anspruch nimmt, sehe ich als erwiesen an, dass es eine bewusste Verleugnung von Tatsachen ist zu behaupten, dass alles durch unpersönliche sprich unvernünftige, unberechenbare Zufälle entstanden ist. In direkter Konsequenz bedarf eine bewusste Verleugnung auch einer persönlichen Vernunft, die sich einen bewussten Vorteil davon verspricht.

Diesen Vorteil gilt es zu untersuchen. Was hat der Mensch für einen Vorteil wenn er seine Existenz oder die Existenz eines personalen Gottes leugnet. Jeder Richter braucht Beweise, dass ein Delinquent am Tatort war. Kann er es nicht belegen, muss er ihn frei sprechen. Ergo kann eine NICHT-EXISTENZ sehr vorteilhaft sein. Und dementsprechend eine bezeugte Existenz am Tatort sehr nachteilig für die Person. Ein Alibi ob falsch oder richtig für die Tatzeit und den Tatort entlastet die Person – macht ihn nicht verantwortlich für die begangene Straftat. Hat er kein Alibi, so mildern Bewusstseins störende Funktionen die Verantwortungsfähigkeit somit auch das Strafmaß. Im deutschen Strafrecht muss sich kein Delinquent selbst belasten. Im Gegenteil, er darf sich eines geschulten Verteidigers bedienen, der ihn rechtlich vertritt und belastendes Material sehr scharf untersuchen lässt. Sind irgendwelche Verfahrensfehler bei der Beschaffung dieses Materials begangen worden, so darf es für die Rechtsprechung nicht zugelassen werden.

Ich denke, die Frage der Existenz oder Nicht Existenz, der Person oder Nicht Person, eines richtenden Gottes oder des Zufalls bezieht sich im Grunde auf die persönliche Vorstellung der persönlichen Verantwortung und der Angst auf Grund seiner Vorstellung vor dieser Verantwortung. Je nach dem Charakter der Person ist diese Angst nicht unberechtigt. So mancher Gotteslästerer ist in seiner Sterbestunde in furchtbare Panik geraten.

Vielen Dank auch an Dr. Raphael Bexten für den sehr interessanten Vortrag – „Was ist eine Person“!

Allerdings kann ich die „selbstverständliche“ Würde des Menschen nicht nach voll ziehen.

Ich kenne nur WÜRDE die verliehen, entzogen, missachtet, beachtet, erkannt oder verleugnet wird.

Was ich immer wieder lese ist, dass Humanisten, Kantianer, Darwinisten gottlose „Isten“ sich wie selbstverständlich auf diese Würde berufen, so als ob sie genetisch weiter gegeben würde.

Das Konjunktiv „würde“ sehe ich nicht als Beweis für die obligatorische Würde des Menschen.

Durch die Bibel habe ich gelernt, dass menschliche, personale Würde genauso wie menschliche, personale Unwürde nebeneinander berechtigt existieren.

Zum Beispiel: Der verlorene Sohn – erst sah er sich würdig sein Erbe als Sohn des Vaters vorzeitig zu verlangen. Nachdem er unwürdig dieses Erbe verprasst hatte, kehrte er um und sah sich nicht mehr würdig Sohn seines Vaters zu heißen. Er wäre mit dem Titel eines unwürdigen Knechtes mehr als zufrieden gewesen. Allerdings sein Vater würdigte ihn trotzdem als sein Sohn und ehrte ihn mit einem großen Fest. Worüber sich der brave und treue Bruder sehr wunderte – wieso wird jener so gewürdigt und ich habe noch nie so eine Ehre erhalten?

Ebenso der in jeder Messliturgie zitierte römische Hauptmann. Er wusste um seine verliehene Würde, dass er nur ein Wort zu sagen hat und seine Soldaten gehorchten. Er hielt sich trotzdem für unwürdig Jesus Christus in sein Haus zu bitten um seinen unwürdigen, kranken Knecht zu heilen… Und dank dieser bekennenden Unwürde wurde er von Jesus Christus sehr hoch gewürdigt – in ganz Israel hat Jesus Christus nicht so viel Glauben gefunden.

Und die extremste Form der Entwürdigung sehen und lesen wir bei der Dornenkrone für Jesus Christus. Hier haben die Menschen nicht nur einen unschuldigen Menschen, sondern Gott selbst verspottet und entwürdigt.

Ist in diesen Lektionen die erkannte und zugelassene Würdelosigkeit nicht ein Segen für die Menschen?

Ist der Auftrag – TUT BUSSE – denkt um nicht auch eine Entwürdigung unserer Leistung der bisherigen Denkweise?

Dass die menschliche Würde kein Selbstverständlichkeit war und ist gilt auch für die Zukunft siehe Offb.5. 1-5

1Und ich sah auf der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß, eine Buchrolle; sie war innen und auf der Rückseite beschrieben und mit sieben Siegeln versiegelt.

2 Und ich sah: Ein gewaltiger Engel rief mit lauter Stimme: Wer ist würdig , die Buchrolle zu öffnen und ihre Siegel zu lösen?

3 Aber niemand im Himmel, auf der Erde und unter der Erde konnte das Buch öffnen und hineinsehen.

4 Da weinte ich sehr, weil niemand für würdig befunden wurde , das Buch zu öffnen und hineinzusehen.

5 Da sagte einer von den Ältesten zu mir: Weine nicht! Siehe, gesiegt hat der Löwe aus dem Stamm Juda, der Spross aus der Wurzel Davids; er kann das Buch und seine sieben Siegel öffnen.

Wie wir hier lesen können ist das Phänomen der menschlichen Würde nicht nur ein Vergangenheits-, Gegenwarts-, sondern auch ein existentielles Zukunftsproblem.

Mit der Würde und Würdelosigkeit steht und fällt die Existenz des einzelnen Menschen, sowie des ganzen Volkes, der ganzen Kultur von der Zygote bis zum Hirntod und darüber hinaus laut göttlicher Offenbarung.

Würde und Würdelosigkeit wechseln sich oft in erschreckend rasender Geschwindigkeit ab. Die Würde erhält erst richtig ihren Wert durch das Bewusstsein der ebenfalls existierenden gegenteiligen Unwürdigkeit. Wenn die Würde des Menschen ein notwendiges SEIN der menschlichen Person ist und es niemand gäbe, der sie nicht besitzt, so degradiert dies die Würde zu einer omnipräsenten Eigenschaft des Menschen. Sie ist dann nichts Besonderes- dies gilt zu bedenken bei aller Liebe zum Humanismus. Diese Philosophie hat keine Skrupel die Würde des Menschen als oberstes und erstes Grundgesetz zu formulieren – als kategorischen Imperativ – und am nächsten Tag sie mit Füßen zu treten, die ganze Welt zu narren.

Dazu ein einfaches mathematisches Gleichnis: Angenommen ich lese in einem bekannten Mathebuch 5 x 5 = 25. Nun will ich versuchen dieses Ergebnis nach zu rechnen- mit der Prämisse ein anderes Ergebnis zu erhalten. Die logischen Zwischenschritte, die in diesem Buch sind will ich übernehmen nur das Endresultat soll ein anderes werden. Irgendwo muss ich mindestens einmal abweichen, danach darf ich wieder vernünftig und logisch rechnen. Wo ich unterwegs abweiche spielt keine Rolle, das Endresultat wird ein Anderes und Falsch sein. Dabei spielt es keine Rolle wie viele Male abgewichen wird, wie lange richtig gerechnet wurde, wie viele mein Ergebnis kopieren, wenn es nicht das Ergebnis aus dem Mathebuch sein darf wird es definitiv falsch sein. Denn es gibt nur ein einziges wahrhaftiges richtiges Ergebnis. Aber es gibt tausende, unzählige, fast richtige und total falsche Ergebnisse. Und dies ist wohl die Hauptbeschäftigung der unbiblischen Philosophen. Sie beweisen sich gegenseitig, wo der andere abgewichen ist. Verweigert jemand bewusst die Anerkennung den richtigen, absolut gültigen Maßstab, so bleibt ihm logischerweise nur ein relativer Maßstab – ein relatives Ergebnis – das fehlerbehaftet ist. Wie in meinem Rechenbeispiel ist es natürlich möglich - zweigt jemand mehrfach von der logischen Berechnung ab, dass am Ende zufällig das richtige Resultat steht. Trotzdem enttarnen die mehrfach falschen Zwischenergebnisse die Unfähigkeit richtig zu rechnen.

Als Linkshänder war ich bei matheschwächeren Schulkollegen sehr beliebt, weil es relativ einfach war von mir ab zu schreiben. In meinem Test stand bei einem falschen Ergebnis: „Siehe Weidacher“. Bei meinem Nebensitzer stand an dieser Stelle: „Siehe Fritz“. Bei identisch falschen Ergebnissen ist gedankenlose Nachäffung höchst wahrscheinlich. Da die anderen Aufgaben in beiden Heften alle richtig waren, konnte der Prüfer den Spekulanten nicht verifizieren. Aber die Relation zum absolut richtigen Ergebnis ermöglichte dem Prüfer die Erkenntnis, dass es sich hier nicht nur um einen einfachen unbewussten Rechenfehler handelte, sondern zusätzlich um eine bewusste Täuschung eines Prüflings. Am bloßen Willen ein akzeptierbares Ergebnis zu liefern hat es bei beiden nicht gefehlt. Aber eben am finalen Zustand des Tests. Bei einfachen mathematischen Fragen wie dem 1 x 1 ist ein weltweit absoluter Maßstab anerkannt. Wer diesen nicht akzeptiert wird auch keine schwierigen Aufgaben lösen können.

Zurück zur Würde – es gibt nur einen einzigen absoluten Maßstab – formuliert in einem bestimmten Buch. Nur dieses Buch bringt eine schlüssige Erklärung für die kindliche Frage – WARUM – Würde, – WARUM – Würdelos. Was ist Würde? Wie entsteht Würde? Wozu Würde? Wer verleiht Würde? Und wie wird man die Würde los? Die schlüssigen Antworten auf diese Fragen erklären in diesem Buch gleichzeitig die Existenz des Menschen und der Welt und deren Sinn und Ziel. Trauriger Weise werden gerade in vielen Kreisen in denen dieses Buch angeblich als absoluter Maßstab gilt, die Antworten verleugnet. Vor 3 Stunden las ich wieder so ein angeblich christliches Büchlein. Es wurden zig Philosophen, zig Bibelverse zitiert. Des Autors Resümee – das kann niemand wissen, ist halt so…- freu dich, dass Gott dich kennt. Jedes Mal bekomme ich bei solchen Statements Magenbeschwerden, weil Menschen, die die Bibel nicht kennen durch solche Äußerungen zurecht abgeschreckt werden.

Vielen Dank, sehr geehrter Herr Dr. Bexten, für Ihren Vortrag „Was ist eine Person?“.
Ich darf bitte eine Anmerkung bringen und zwei Fragen stellen.
Die Anmerkung: Die gesamte Argumentation beruhte stark auf der neuscholastischen, aristotelisch-thomistischen Philosophie, z. B. der Substanzbegriff und die Akt-Potenz-Theorie. Das kam mir einerseits sehr entgegen, andererseits habe ich mich gefragt, worin der Unterschied zur realistischen Phänomenologie ist bzw. worin Schnittmengen bestehen. Das ist mir schon in der ersten Vorlesung aufgefallen, wo von Sosein bzw. Soseinseinheiten die Rede war und ich mich gefragt habe, warum Sie nicht von Wesen reden.
Die erste Frage: Bei der ganzen Fragestellung ist die Definition von ‚Person’ entscheidend. Aus der analytischen Religionsphilosophie ist mir folgende Definition geläufig: Eine Person ist jemand, der aus Gründen handelt. Das führt natürlich zu ganz anderen Ergebnissen; a) könnte dann, wie Peter Singer ja sagt, ein Mensch sogar bis zum dritten Lebensjahr keine Person sein oder b) könnten auch Tiere (Menschenaffen, Delphine, Raben usw.) mglw. Personen sein. Was rechtfertigt die Bevorzugung eines bestimmten Personenbegriffs? Das müsste ja schon ganz am Beginn begründet werden.
Die zweite Frage: Sie haben sich nach Vorstellung der drei Personenbegriffe für einen integrativen Begriff entschieden (substanzontologisch-relationaler Begriff). [Nb.: Das sehe ich wohl, doch ist das nicht die Entscheidung bzw. Begründung, von der ich in der ersten Frage rede.] Sie kommen dann in der Folge immer wieder auf das Personenverhalten zurück. In der betreffenden Graphik mit den drei Kreisen ist aber das Personenverhalten dem empiristischen Personenbegriff, den Sie ja ablehnen, zugeordnet und nicht dem relationalen. Das versteh ich nicht.

Wir werden in den nächsten Vorlesungen auf Ihre oben aufgeworfenen Fragen und Themen intensiv eingehen…
Erst einmal müssen die philosophischen Voraussetzungen geschaffen werden, d.h. das notwendige Handwerkszeug dargelegt und erlernt werden, um dann auch auf das Geschöpf-Sein des Menschen genauer philosophisch einzugehen….

„Was er [Emmanuel Levinas (1906-1995 – jüdischer Philosoph)] ‘Epiphanie des Antlitzes’ nennt, verdankt seine Entdeckung und theoretische Thematisierung der jüdisch-christlichen Tradition. Es trägt hier den Namen ‘Person’. Dieser Begriff hat für unsere Zivilisation zentrale Bedeutung und Konsequenz, der Gedanke der Menschenrechte ist von der Art, daß kein Mensch auf Erden sich seiner Evidenz entziehen zu können scheint.“ (Robert Spaemann. „Sind alle Menschen Personen? Über die philosophische Rechtfertigung der Lebensvernichtung“. In: Grenzen: zur ethischen Dimension des Handelns. Stuttgart: Klett-Cotta, S. 417–428: 418).

Josef Pieper schreibt in einem Text, den ich in der nächste Vorlesung besprechen werde: „Sartre sagt wörtlich: »L’existentialisme est un humanisme«; »es gibt keine menschliche Natur, weil es keinen Gott gibt, sie zu erdenken«.“

Was heißt das also im Umkehrschluss? Da der Mensch eine Natur hat, ist er auch von Gott geschaffen - in seinem Bilde geschaffen…

Und weiter schreib Josef Pieper:

Der Gedankengang, an dessen Ende dieser ungeheuerliche Satz steht ist völlig konsequent - wenn nur die Voraussetzung akzeptiert ist: daß es die Begriffe creator, creatio, creatura nicht gibt, oder vielmehr: daß es die in ihnen gemeinte Wirklichkeit nicht gibt. Sartre hat völlig recht, wenn er der Philosophie des achtzehnten Jahrhunderts vorwirft: sie sei inkonsequent, weil sie zwar den Gottesbegriff beseitigt habe, nicht aber auch die Vorstellung, es gebe eine menschliche Natur. Der Gedankengang Sartres ist folgender: ich kann angeben, »was« ein Stuhl ist und »was« ein Hammer ist (der Ton liegt auf dem Was, auf dem Wesen, das ich denken kann - ob es nun konkret realisiert ist, ob es »existiert« oder nicht); und zwar kann ich deswegen vom Was, vom Wesen, von der essentia eines Stuhles sprechen, weil mit »Stuhl« etwas Bestimmtes gemeint ist. Nun aber: weil es keine Intelligenz gibt, keinen creator, der den Menschen erdacht und den Menschen so und so gemeint und mit den Menschen überhaupt etwas »gemeint« hat - darum gibt es auch kein Was, kein Wesen, keine Natur des Menschen: »Es gibt keine menschliche Natur, weil es keinen Gott gibt, sie zu erdenken.« Ja, aber was ist denn dann der Mensch!? Sartre antwortet wiederum völlig konsequent: der Mensch ist »zunächst nichts«, er | 45 ist einfach »zunächst da« - will sagen: er ist zunächst bloße reine Existenz ohne essentia. »Er wird nur sein, und: er wird so sein, wie er sich selbst gestaltet« (wörtlich zitiert, wie auch der folgende Satz): »Der Mensch ist nichts anderes als was er aus sich macht«: das wird dann sein »Wesen« sein“

Wir werden das alles in den kommenden Vorlesungen genau besprechen und wir stehen mutig zu den erkannten Wahrheiten…

Pieper führt weiter aus:

„»Omne ens est verum« das besagt doch für die alte Seinslehre: die Dinge sind von Gott erdacht, sie haben ihr Was-Sein im Erdacht-Sein durch den creator; vom Wesen der Dinge zu reden ist nur möglich auf dem Boden des Schöpfungsglaubens; wo die creatio nicht als Realität anerkannt wird, das heißt wo die Dinge und der Mensch nicht formell als creatura gesehen werden, da ist tatsächlich und buchstäblich kein »Grund« (in jedem Sinne) mehr da, von dem aus vom »Wesen« der Dinge und des Menschen legitim gesprochen werden kann.“

Über die christliche Genese des Personbegriffs gehe ich in meiner Disserationsschrift ab Seite 130 ein…

@Coati Ich danke für Ihre Anmerkungen und Fragen. Ich möchte kurz auf die Abbildung, die Synopse der drei Personbegriffe eingehen, die aus meiner Dissertationsschrift stammt:
image

Drei basale Personbegriffe im Verhältnis zueinander – Die nummerierten Schnittflächen des Venn-Diagramms bezeichnen in unscharfer Weise, ausschließlich mittels positiver Hervorhebung, gewisse Gemeinsamkeiten, die aber durch den jeweiligen basalen Personbegriff unterschiedlich ontologisch begründet werden. Außerdem sind den verschiedenen basalen Personbegriffen die in dieser Abb. dargestellten und erklärten basalen Relationen (bR) zwischen Menschen- und Personbegriff und v. v. zugeordnet. (∨ mit Unterstrich steht für: ausschließendes Oder; ∨ steht für: nicht-ausschließendes Oder) Die Unterteilung der Personbegriffe in diese drei basalen ist mit leichten Veränderungen von Erk übernommen (Erk, 2015, S. 134)

@Coati Ich danke Ihnen für die Frage, die freilich ihre Berechtigung hat, denn nichts zerstört eine Wissenschaft bzw. eine wissenschaftliche Begründung mehr, als stillschweigende Annahmen und Voraussetzung, die nicht begründet werden…
Das erklärte Ziel meiner Vorlesung (die dritte unseres Kurses „Mensch und Gott“) war es, wichtige Forschungserkenntnisse aus meiner Dissertationsschrift vorzustellen und hierbei Antworten auf die Frage der Vorlesung „Sind alle Menschen Personen?“ zu geben.
Die Argumentationslogik und der formale Aufbau der Arbeit sind in folgender Abb. visualisiert.
Aufbau.001

Zu Ihrer ersten Frage: „Was rechtfertigt die Bevorzugung eines bestimmten Personenbegriffs? Das müsste ja schon ganz am Beginn begründet werden.“

Dass der substanzontologisch-relationale Personbegriff der adäquate Personenbegriff sei, steht am Anfang meine Arbeit als These. Diese These habe ich auch in die Vorlesung übernommen, sie gilt es natürlich genau zu begründen und nach Möglichkeit auch zur Einsicht zu bringen (Dies soll unter anderem auch in der fünften Vorlesung unseres Kurses weiter vertieft werden). Überdies können konkurrierende Theorien (wie der der empirisch-funktionalistische Personbegriff und der relationale Personbegriff), durch das Aufzeigen von Widersprüchen etc. widerlegt werden…

Vorweg noch ein paar Unterscheidungen, die ich auch kurz in der Vorlesung erwähnt habe:
Es falsch anzunehmen, dass der Begriff, das Wesen realer Seiender und die ewig, unwandelbare ideale Wesenheit miteinander identisch sind. Der Begriff, das Wesen realer Dinge, als auch die idealeWesenheit, sind drei verschiedene Urdata, die nicht auf einander rückführbar oder reduzierbar sind und deswegen auch als Urphänomene bezeichnet werden können.Der Begriff kann somit auch nicht im realen Ding realisiert sein, da durch die seinsheteronome, seinsabgeleitete, seinsselbständige und seinsabhängige Bedeutungseinheit ideal-geistiger Entität, die der Begriff ist, das bewusste Subjekt meinend auf etwas abzielt. Nicht der Begriff eines Dings ist im Ding verwirklicht, sondern das reale Seiende besitzt ein realesWesen, das in ihm verwirklicht ist. Die Wesenssachverhalte, die von Begriffen thematisiert werden, sind im Ding verwirklicht. Auch besitzt weder der Begriff noch die ideale Wesenheit bestimmte Eigenschaften des realen Dings. Die gemeinten Gegenstände sind, wie deutlich geworden ist, die „gemeinten Gegenstücke, die intentionalen Korrelate der Begriffe“. Durch diese Überlegung wird deutlich, dass der Begriff in seinem An-sich-Sein, in seinem notwendigen Wesen als Begriff dem menschlichen Geist nicht unmittelbar bewusst
gegeben zu sein scheint, sondern nur dasjenige ist dem menschlichen Geist unmittelbar bewusst, worauf er durch den Begriff meinend abzielt. Auch aufgrund der engen reziproken Beziehungen, die es zwischen Begriff und Wesen gibt, besteht eine große Verwechslungsgefahr zwischen Begriff und Wesen. Diese kann besonders durch den Sachverhalt verdeutlicht werden, dass Begriffe auch auf Wesen meinend abzielen können, etwa wenn jemand sich selbst und andere als Mensch erkennt und sich qua dieser Erkenntnis einen adäquaten Begriff des Wesens Menschen bildet.

Es gilt also erstens zu klären: Was hier unter einem adäquaten Begriff verstanden wird? Ein adäquater Begriff ist eine Bedeutungseinheit, durch die eindeutig auf ein bestimmtes reales Ding, ein reales Wesen, Wesenssachverhalt etc. in seinem spezifischen objektiven
An-sich-Sein meinend abgezielt wird. Wenn auch ein adäquater Begriff nicht die Mannigfaltigkeit und Mächtigkeit eines realenWesens oder einer Wesenheit haben kann, so kann unter ihm ein Begriff verstanden werden, der die objektiven Kerncharakteristika der notwendigen Soseinseinheiten, des Sachverhalts, des realen Wesens oder Dings begrifflich fasst. Folglich ist ein inadäquater Begriff ein solcher Begriff, der eine andere Materie hat als die Grundcharakteristika des Soseins der realen Sachen, Wesenheiten, Sachverhalte etc. der Wirklichkeit, auf den durch ihn meinend abgezielt wird. Insofern kann davon gesprochen werden, dass ein Chinesisch sprechender Mensch und ein Deutsch sprechender Mensch von der „Person“ denselben Begriff haben können, obwohl sie unterschiedliche Wörter, Phoneme oder Grapheme zur Bezeichnung desselben Begriffs der „Person“ gebrauchen. Ferner ist ein adäquater Begriff von einem
komprehensiven Begriff zu unterscheiden. Zur Bildung eines komprehensiven Begriffs bedarf es einer komprehensiven Wesenserkenntnis, zu der vermutlich nur ein allwissendes Wesen fähig ist. Dementsprechend ist nicht der Begriff der Person in einer bestimmten Person verwirklicht, sondern das reale Wesen der Person, das noch von dem individuellen-einmaligen Diese-da-Sein der Person zu unterscheiden ist. Das Einmalig-individuelle-Sein der Person gehört also zu den notwendigen Wesenscharakterisika der idealen Wesenheit nach dessen notwendigen Wesenspläne z. B. die reale menschliche Person ist. Trotzdem ist nur die reale Person durch ihr reales Wesen, das an der allgemeinen und idealen Wesenheit der Person teilhat, einmalig-individuell und nicht die allgemeine und idealeWesenheit der Person. Es ist also nur diese ganz bestimmte reale Person da als solche ein einzigartiges personales Individuum der Gattung Mensch.

Es kann also weiter gefragt werden: Welche Relation besteht zwischen dem Personbegriff und der realen Person besteht? Die ideale Wesenheit (εἶδος) der menschlichen Person ist eine notwendigeWesenheit. Da die reale menschliche Person durch ihr realesWesen, das gemäß den notwendigen Wesensgesetzmäßigkeiten, die in der ideal notwendigen Wesenheit wurzeln, an diesem εἶδος teilhat, hat die reale menschliche Person auch notwendigerweise z. B. Wille, Verstand und geistig-afektives Zentrum, das auch klassisch als Herz bezeichnet werden kann. Hierbei wird natürlich ein substanzontologischer Personbegriff vorausgesetzt. Folglich muss zwischen dem Personsein, das entweder vorliegt oder nicht vorliegt und bestimmten empirisch feststellbaren aktuierten Fähigkeiten der Person, wie z. B. der Vernunftstätigkeit, unterschieden werden. Ferner ist die menschliche Person eine geistige Person und kann deswegen nicht ein „geordneter Haufen toter Materie“, der durch Emergenz zum Leben erwacht ist, sein. Es kann also eine reale menschliche Person, ohne Wille, Verstand oder Herz und ontologisch-bei-und für-sich-seiende-zugrundeliegende Einheit und Ganzheit in keiner möglichen Welt geben. Und dieses So-sein-Müssen und Nicht-anders-sein-Können der menschlichen Person kann sich jede menschliche Person z. B. in der unmittelbaren Selbsterfahrung eines Willensaktes bzw. Verstandesaktes einsichtig machen. Der Personbegriff weist hingegen diese intrinsische Notwendigkeit und intrinsische Intelligibilität des Wesens der Person nicht auf, sondern kann von Menschen willkürlich gebildet werden. So kann jemand z. B. einen Personbegriff haben gemäß diesemMaschinen auch alsPerson bezeichnetwerden können und das, obwohl sie keinen Willen, Verstand, Herz und auch keine ontologischbei-und-für-sich-seiende-zugrundeliegende Einheit und Ganzheit haben und auch kein geistiges Sein besitzen. Ein adäquater Personbegriff ist kein Gattungs- oder Sortenbegriff. Dies kann leicht deutlich gemacht werden, nämlich indem gefragt wird, welches Seiende wirklich personales Seiendes sein kann. Kann nur der Mensch Person sein? Wären z. B. reine personale Geistwesen, die nicht den Grund ihres Daseins in sich selbst tragen, wenn es sie gibt, Personen? Welche der Personvergessenheit in ihrer Mannigfaltigkeit, Bedeutungsvielfalt und seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen erkannt und vor dem geistigen Auge beleuchtet werden kann. Konstitutiv mit diesem Verstehen geht die Erkenntnis einher,
dass Personvergessenheit in ihrem Grundcharakter eine Mangelerscheinung, ein Mangelphänomen ist. Dieser Grundzug wird auch schon durch das Wort „Vergessenheit“ ausgedrückt und birgt auch ethische Implikationen in sich. Wie diese einleitende Erörterung zum Begriff bzw. Personbegriff deutlich macht, intendiert die Frage nach dem, was Personvergessenheit ist bzw. bedeuten kann, nicht primär die Bedeutung einer „Begrifsvergessenheit“, es geht vielmehr um das Vergessen der Person in ihrem genuinen Personsein und die mögliche Überwindung der Personvergessenheit durch eine Wiederentdeckung der ontologischen Wahrheit und Eigentlichkeit der menschlichen Person. Es ist also schon, unabhängig von den notwendigen verschiedenen Bedeutungsunterscheidungen von „Personvergessenheit“, deutlich geworden, dass nicht ein bestimmter Begriff vergessen wird, sondern die Sache als solche aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr gesehen wird bzw. nicht gesehen werden
kann und es deshalb von vorneherein überhaupt zu keiner adäquaten Begriffsbildung mehr kommen kann. Personvergessenheit ist also in diesem Sinn eine Vergessenheit eines Seins, des aller zentralsten Seins, nämlich des Personseins. Außerdem verdeutlichen obige Überlegungen, dass es zu kurz gegriffen ist, die philosophischen Kontroversen um das rechte Verständnis desMenschen durch eine Vermeidung des Personbegriffs überhaupt zu vermeiden zu suchen. Denn der zureichende Grund für die philosophischen Kontroversen um das rechte Verständnis des Menschen und der Person, sind nicht abstrakte Begrifsstreitigkeiten, sondern grundverschiedene epistemologische, ontologische bzw. metaphysische und weltanschauliche Aufassungen der Wirklichkeit als solcher, die im jeweiligen Personbegriff konnotiert werden.
Nicht der Personbegriff qua Begriff entscheidet z. B. darüber, ob alle Menschen Personen sind oder nicht. Trotzdem spiegelt sich die jeweils verschiedene und möglicherweise kontradiktorisch-gegensätzliche philosophische Auffassung der Wirklichkeit in den verschiedenen Personbegriffen wider. Es ist also angedeutet worden, dass sowohl die notwendigeWesenheit (εἶδος) der Person, diese reale Person, als auch das Wesen (poion einai bzw. ti einai) dieser realen Person nicht willkürlich konstruiert, willkürlich-definitorisch gesetzt oder bestimmt werden können. Vielmehr kann der adäquate Personbegriff nur im realistischen Rückgang auf die Sache selbst, also die menschliche Person als geistige Person nur erschauend philosophisch durchdrungen und erfasst werden. Wenn mit Duns Scotus zwischen dem unmittelbaren Begriff (erster Intention) und dem vermittelten Begriff (zweiter Intention) unterschieden wird, so ist der Personbegriff ein unmittelbarer Begriff (erster Intention), d. h. er ist direkt für den einsehenden Intellekt ohne vergleichende Abstraktion intelligibel. So muss jemand z. B. nicht mehrere menschliche Personen erkennen, um zu verstehen, dass diese geistige menschliche Person in einem Leib, die vor ihm steht und die er aufgrund des personalen Leibes sehend erkennt, einmalig-intrinsich-individuell ist.

Meinen Antwortversuch auf Ihre Frage werde ich bei Gelegenheit fortsetzen.

@Coati Zweiter Teil meiner Antwort auf Ihre Frage: „Was rechtfertigt die Bevorzugung eines bestimmten Personenbegriffs? Das müsste ja schon ganz am Beginn begründet werden.“

Die Relevanz der rechten Methode für die Erörterung von Personsein

Gemäß der in meiner Vorlesung verwendeten Methode (auf diese gingen unsere ersten und zweite Vorlesung genauer ein - Die realistische Phänomenologie versteht sich kurz gesagt als Methode des Philosophierens) soll nun das Sein des Menschen bzw. der menschlichen Person aus dem Sachkontakt heraus ergründet und einsichtig gemacht werden. Es soll also von dem Sachkontakt mit der menschlichen Person – dem originär Gegebensein der menschlichen Person, sei es in der Selbsterfahrung z. B. im si enim fallor, sum, oder von der Begegnung mit dem personalen Du her, über das Sein der menschlichen Person philosophiert werden. Methodologisch wird somit eine reine Theoriendiskussion vermieden.
Das heißt aber nicht, das keine Theorien aufgestellt, argumentativ verteidigt, deduktiv bewiesen oder zur Einsicht gebracht werden sollen. Innerhalb einer reinen Theoriendiskussion ist die Theorie am plausibelsten, die die empirischen bzw. nicht-empirischen Erfahrungen am besten zu erklären scheint. Die methodologische Vorgehensweise innerhalb dieser Arbeit ist eine andere. Hierdurch soll jede vermeidbare Art von Sachferne und die damit verbundenen Folgeerscheinungen, wie z. B. Reduktionismen, verfrühtes Systematisieren, falsches Analogisieren und andere formale oder informale Paralogismen vermieden werden. Die epistemologische Begründung dieser Vorgangsweise ist einleitend dargelegt worden, sodass sie mitvollzogen werden kann. Dieser Mitvollzug philosophischer Argumente und begründeter philosophischer Positionen ist überhaupt die Voraussetzung zum Verständnis der philosophischen Darlegungen und ihrer zugrundeliegenden Einsichten. Diese Vorgangsweise eröffnet den Raum für die echte philosophische Begegnung mit der sich darbietenden personalen Wirklichkeit. Natürlich kann keine Philosophie und damit auch kein Philosophierender voraussetzungslos agieren, also ohne in eineDenktradition oder dgl. eingebettet zu sein. Auch muss jeder Kommunizierende und somit auch der Philosophierende z. B. sich bestimmter vor ihm geprägter Termini technici bedienen. Andernfalls würde das sinnvolle Sprechen, neben vielen anderen Unmöglichkeiten, in einem unendlichen Regress des Erklärens der verwendeten Worte und ihrer Bedeutungen enden und wäre deswegen absurd. Sinnvolles Sprechen setzt also immer schon etwas Erkanntes voraus. Der Im-Verstehen-Begriffene weiß um das Erkannte und versteht deswegen auch etwas mit Hilfe des schon vorher Bekannten. Zu diesem Schon-vorher-Bekannten zählen auch die verwendeten bedeutungstragenden Grundwörter, eingebettet in eine Syntax und einen sinnvermittelnden Kontext, durch die neuer Sinn, neue Bedeutung von etwas verständlich gemacht werden kann.

Fragen und Überlegungen zum Sein der menschlichen Person

Urphänomene bzw. Urdata, wie die Person und der Mensch als Person können als solche nie in einem komprehensiven Sinn definiert werden, wohl aber von anderem Seienden durch Wesensdenitionen abgrenzt und in ihrem wesensspezifschen Sosein und Dasein erkannt und philosophisch beleuchtet werden. Warum ist dies so?Wenn die Person, wenn die menschliche Person ein Urphänomen ist, so liegt ihre definitorische Unausschöpfarkeit in der Einfachheit und Mächtigkeit ihres verwirklichten Soseins begründet. Es ist als solches unhintergehbar. Entweder wird das urphänomenale einzigartig-individuelle Sein der Person schauend anerkannt oder reduktionistisch umdefiniert und dem jeweiligen philosophischen Denksystem, den jeweiligen weltanschaulichen Paradigmata und philosophischen Vorlieben angepasst.
Es stellt sich nun die Frage, was das Sein der menschlichen Person ist? Was sind die Seinscharakteristika von Personsein? Wie unterscheidet es sich vom anderen Sein, z. B. dem unbelebten Ding, der Pflanze, dem Tier? Was zeichnet menschliches Personsein in ontologischer Hinsicht aus? Was konstituiert menschliches Personsein? Lässt sich menschliches Personsein auf ein reines Relationssein reduzieren? Wird das Sein der menschlichen Person mittels bestimmter Fähigkeiten oder Eigenschaften, die dieses im Unterschied zum anorganischen oder animalischen Seienden besitzt, hinreichend bestimmt? Was ist der ontologisch zureichende Grund dafür, dass personal-menschliches Sein in seiner Vollgestalt bestimmte Fähigkeiten und Eigenschaften besitzt, die rein animalisches oder vegetatives Sein nicht besitzt? Was heißt es in ontologischer Hinsicht für die menschliche Person, eine bestimmte Fähigkeit, wie z. B. das Denken-Können, zu besitzen? Wann hat ein Seiendes eine bestimmte Fähigkeit und wann nicht? Kann zwischen passivem Vermögen (Potenz) und aktivemVermögen (Potenz) eines Seienden unterschieden werden? Welche Relevanz hat diese Differenzierung für das menschliche Personsein? Kann bzw. muss sie hierauf angewandt werden, um diesem gerecht zu werden?
Mit diesen Fragen hängen weitere, tiefergehende Fragen zusammen: Kann berechtigterweise zwischen Menschsein und Personsein real distinguiert werden, sodass es Menschen gäbe, die keine Personen sind? Gibt es potentielle menschliche Personen, also menschliche Wesen, die im Begriff sind Personen zu werden? Kann der Mensch zur Person werden? Kann zwischen bloßem biologisch menschlichem Leben und dem personalen menschlichen Leben real unterschiedenwerden? Oder ist der Mensch Person von Anfang an und kann deswegen der Mensch nicht Nichtperson sein? Ist die menschliche Person gar eine dialektische Widerspruchseinheit, die etwas ist, während sie zur selben Zeit und in der selben Hinsicht auch zugleich das kontradiktorische Gegenteil von dem ist, was sie ist? Die menschliche Person wäre demnach zugleich und in derselben Hinsicht a und non-a und auch wieder nicht. Gibt es überindividuelle Personen? Kann z. B. der gesamte Kosmos eine Person sein? Ist die menschliche Person in Wirklichkeit ein Kontinuum-Sein, das zwischen Menschsein und Personsein oszilliert? Kann die menschliche Person in etwas Anderem inhärieren, ein Epiphänomen von etwas Anderem sein? Kann die menschliche Person auf das Gehirn reduziert werden? Ist das lebendige Gehirn desMenschen das hinreichende Konstitutionsprinzip der menschlichen Person? Oder steht die menschliche Person seit ihrer Konzeption bzw. der Fertilisation der menschlichen haploiden Gameten selbständig als unteilbare einmaligindividuelle Ganzheit qua Person für sich? Zwar ist die neue menschliche Person als befruchtete Eizelle noch nicht eigenständig lebensfähig, trotzdem kann gefragt werden, ob sie nicht als in-sich-selbst-stehende unteilbare eimaligindividuelle Ganzheit („Selberkeit […] Sich-selber-im-Sein-und-Sosein-Unterstehen […] personhaften Sich-selber-Können nach Sein und Sosein“) mit aktiver Potenz aufgefasst werden kann? Ist die befruchtete menschliche Eizelle Person, geistige Substanz (Hypostase)? Auf diese Frage kann es keine rein empirische Bestätigung geben und dennoch können mögliche Antworten auch nicht von Empiristen mit höchster Wahrscheinlichkeit oder höherer Gewissheit ausgeschlossen werden, wenn sie nicht dem Paralogismus der petitio principii erliegen wollen. Dieser Paralogismus liegt aber schon als stillschweigende und unbegründete axiomatische Basisbehauptung dem Empirismus zu Grunde. Somit ist hier aufgrund des epistemologischen Defizits vernünftigerweise davon auszugehen, dass möglicherweise der menschliche Embryo eine menschliche Person ist, die nicht getötet werden darf. Die sich-selbst-bewusste wache und gesunde (normale) menschliche Person zeichnet sich durch bestimmte ihr und nur ihr als einmalige in-sich-selbst kostbarer Person eigene Eigenschaften, Fähigkeiten und Handlungen bzw. potentielle Handlungen aus. Diese Eigenschaften, Fähigkeiten und Handlungen können deswegen auch als personale Eigenschaften, personale Fähigkeiten und personale Handlungen bezeichnet werden. So ist die menschliche Person z. B. im Besitz eines personalen Geistes, eines freien Willens, einer Ratio, eines Gedächtnisses, eines Personzentrums bzw. Herzens, eines Selbstbewusstseins usw. Um diese Sachverhalte vertiefend zu untersuchen, sind bestimmte „philosophische Vorarbeiten“ zu leisten. Diese seien jetzt in Angriff genommen.

Form und Materie
In diesem Abschnitt soll etwas Vorarbeit für einen Antwortversuch auf die Frage ‘Was ist das Sein der menschlichen Person?’ geleistet werden. Durch diesen Antwortversuch kann auch gleichzeitig die These geprüft werden, ob der substanzontologisch-relationale Personbegriff der adäquate Personbegrif ist oder nicht. Jede These hat sich an der Wirklichkeit, also den wirklich bestehenden, intelligiblen Sachverhalten, zu messen. Es ist also zu prüfen, ob die durch eine These bzw. Theorie postulierten Sachverhalte mit den in Wirklichkeit bestehenden Sachverhalten übereinstimmen oder nicht übereinstimmen bzw. nur teilweise. Die Antwort auf die Frage nach dem Sein der menschlichen Person steht hiermit in Verbindung. Das Sein der menschlichen Person unterscheidet sich wesentlich, so kann postuliert und auch erkannt werden, von allem apersonalen Sein dadurch, dass es ein geistiges Lebensprinzip bzw. eine geistige Wesensform besitzt.
Das Lebensprinzip oder dieseWesensform kann als der ontologisch zureichende Grund für die Einheit und Identität des jeweiligen Lebewesens begriffen werden. Warum ist das so? Die Wesensform oder das Lebensprinzip kann als die einheits- und substanzstiftende Form des lebendigen Seienden, das sie besitzt, verstanden werden. Unter Form wird hier das nicht-materielle Ordnungs- bzw. Strukturprinzip verstanden, das der ontologisch zureichende Grund für
das reale Sosein eines Seienden ist. Das Ordnungs- bzw. Strukturprinzip strukturiert den Wesensstoff. Die Einheit von Wesensstoff und Wesensform konstituiert das substantielle Seiende. Diese Sachverhalte gelten auch für den Menschen bzw. für das menschliche Personsein. Denn dafür, dass Etwas existiert (Dasein) und auch dafür, dass es so existiert, wie es existiert (Sosein), bedarf es eines ontologisch zureichenden Grundes. Sehr bedeutungsähnlich zum Begriff der Form kann der Begriff der Natur oder des realen Wesens resp. Soseins sein. Richtig verstanden sind somit diese Worte synonym, da durch sie derselbe Begriff gemeint werden kann. Gemäß der durch Aristoteles entwickelten bzw. entdeckten Lehre, des sog. Hylemorphismus bestehen die selbständigen kontingenten Seienden nicht nur aus Form (morphe ), sondern als eine Einheit
von Form und Materie (hyle). Diese Einheit aus Form und Materie bildet eine zusammengesetzte Substanz.Materie kann also als ein zugrundeliegendes Stoffprinzip begriffen werden, nämlich als dasjenige, das nicht strukturiert, bestimmungslos ist und durch die Form eine Bestimmung bzw. Struktur erfährt, also informiert wird. Durch diese Erklärung wird deutlich, dass die so verstandene Materie und Form komplementäre Seinsprinzipien eines realen kontingenten
Dinges sind. Es kann zwischen der Materie1 und der Materie2 unterschieden werden. Die Materie1 wird auch klassischer Weise materia prima genannt und existiert nicht für sich allein. D. h. Materie1 ist vollkommen seinsunselbständig und kann deswegen auch wesensunmöglich für sich existieren. Das Seiende, das in der Alltagssprache als ‘Materie’ bezeichnet wird, ist Materie2. Materie2 kann somit als materielles Seiendes im Gegensatz zu rein geistigem Seienden aufgefasstwerden. Folglich ist ein materielles Seiendes immer schon eine zusammengesetzte Substanz, eine Einheit von Form und Materie1. Nur das absolute Sein ist nur Form, actus purus. Aristoteles schreibt: „Die Materie ist Potenz/Möglichkeit, die Form aber ist Vollendung (Entelechie)“. Die Begriffe, für die die Worte Materie1 und Potenz stehen, als auch die Begriffe, für die dieWorte Form und Akt bzw. Entelechie stehen, meinen jeweils dieselbe Wirklichkeit in verschiedenen Betrachtungsweisen. Somit sind mit Aristoteles gesprochen das kontingente Seiende sowohl aus Materie1 bzw. Potenz und Form bzw. Akt zusammengesetzt. Diese ontologische Zusammensetzung von Materie1 bzw. Potenz und Form bzw. Akt ermöglicht überhaupt eineVeränderung, Bewegung bzw. einen Wandel des Seienden. ‘Potenz’ als komplementärer Gegenbegriff zu ‘Akt’ ist ein Synonym von dynamei on, also mögliches Seiendes, das durch die Form bzw. den Akt als Strukturprinzip durchformt werden kann und so energeia on (aktuelles Seiendes bzw. Seiendes in Vollendung) wird. Das dynamei on ist also keine reine logische Denkmögklichkeit, sondern Seiendes in der Modalität zwischen Nicht-Sein und Wirklich-Sein.37 Es ist das Nochunbestimmte-Sein bzw. das Noch-unstrukturierte-Sein, „denn
was nur dem Vermögen, nicht der Wirklichkeit nach ist, das ist das Unbestimmte“, wie Aristoteles schreibt. Wenn dieMaterie1 bzw. die Potenz39 nicht durch die Form bzw. den Akt durchformt bzw. aktuiert wird, kann keine zusammengesetzte Substanz, kein Seiendes (Materie2) entstehen. Wenn jedoch schon eine zusammengesetzte Substanz existiert, die aus Potenz und Akt bzw. ausMaterie1 und Form besteht, kann diese nur durch das Aktprinzip von der Seinsmöglichkeit in die Seinswirklichkeit überführtwerden, also aktuiert bzw. durchformt werden und so etwas Anderes werden.

Der Antwortversuch wird bei Gelegenheit fortgesetzt.

@Coati Sie schreiben:

„Aus der analytischen Religionsphilosophie ist mir folgende Definition geläufig: Eine Person ist jemand, der aus Gründen handelt. Das führt natürlich zu ganz anderen Ergebnissen; a) könnte dann, wie Peter Singer ja sagt, ein Mensch sogar bis zum dritten Lebensjahr keine Person sein oder b) könnten auch Tiere (Menschenaffen, Delphine, Raben usw.) mglw. Personen sein.“

Wir können, wie Ihnen das aus der analytischen Religionsphilosophie geläufig ist, einmal annehmen, dass eine Person jemand ist, der aus Gründen handelt. Die Fähigkeit aus Gründen handeln zu können, wird somit als Personverhalten begriffen. Zu diesem so definierten Personverhalten lassen sich einige weitere Überlegungen anstellen. Diese habe ich in unserer dritten Vorlesung „Sind alle Menschen Personen?“ insbesondere mit folgender Abbildung zu den verschiedenen Modi des Personenverhaltens angesprochen:
Modi_Personverhalten.001 (1)
Verschiedene Modi des Personverhaltens – Die Pfeile symbolisieren die Möglichkeit des Werdens: So kann z. B. aus dem Seienden, das Personverhalten erwerben kann, also die aktive Potenz zum Personverhalten besitzt, durch die verwirklichende Kraft einer Form bzw. eines Aktes ein Seien- des werden, das ontologisch die Fähigkeit zum Personverhalten besitzt, d. h. Personverhalten aktualisieren kann – Die- se Abb. ist inhaltlich und der grafischen Idee nach in leicht modifizierter Form von Erks Abb. 33 (2015, S. 140) übernommen worden (Vgl. Schwarz, 1992, S. 112-121)

Wenn also Personen solche Seiende sind, die aus Gründen handeln, so stellt sich, wie angesprochen, die Frage nach dem und ontologisch zurechnendem Grund für dieses Vermögen. Die Antwort auf die Frage, was der ontologisch zureichenden Grund für Personverhalten ist, entscheidet darüber, welcher Personbegriff vertreten, beziehungsweise als der adäquate aufgefasst wird.
Mit dem ontologisch zurechnendem Grund für das Personverhalten hängen auch die verschiedenen Modi des Personverhalten und deren ontologische Begründung zusammen.
Betrachten wir also die drei basalen Personbegriffe (vgl. die synoptische Abbildung oben) so können wir fragen:

  1. Was ist der ontologisch zureichenden Grund für das Personverhalten gemäß dem relationalen Personbegriff?
  2. Was ist der ontologisch zureichenden Grund für das Personverhalten gemäß dem empirisch-funktionalistischen / aktualistischen Personbegriff?
  3. Was ist der ontologisch zureichenden Grund für das Personverhalten gemäß dem substanzontologischen Personbegriff?
  4. Was ist der ontologisch zureichenden Grund für das Personverhalten gemäß dem substanzontologisch-relationalen Personbegriff?

Wenn wir weiter davon ausgehen, dass die Adäquationstheorie der Wahrheit die wahre Wahrheitstheorie ist, so kann man die Antwortversuche auf die vier obigen Fragen mit denen in der Wirklichkeit bestehenden Sachverhalten verglichen werden, und so zu einem adäquaten Personbegriff denkerisch vorgestoßen werden (Vgl. hierzu z.B. den interessanten Aufsatz des Zweitgutachters meiner Dissertation: Pöltner, Günther. „Veritas est adaequatio intellectus et rei. Der Gesprächsbeitrag des Thomas von Aquin zum Problem der Übereinstimmung.“ Zeitschrift für philosophische Forschung H. 4 (1983): 563-576.)

Es folgen bei Gelegenheit weitere Vertiefungen…

@Coati Es stellen sich nun, auch im Rückgriff auch unsere KI-Diskussion der letzten Vorlesung einige weitere Fragen, die mit einem Antwortversuch auf Ihre obigen Fragen in Zusammenhag stehen. Dazu möchte ich drei YouTube-Clips posten:


Zum Film Ex Machina, den ich in der letzten Diskussion erwähnt habe - der Film ist nicht ganz „stubenrein“ - doch es geht in unserer Diskussion um inhaltliche Fragen… Hier ist der Trailer:


Die Handlung des Films beschreibt Wikipedia so:

"Der junge Programmierer Caleb, der für den Anbieter der marktbeherrschenden Internet-Suchmaschine Bluebook tätig ist, erhält durch ein firmeninternes Gewinnspiel die Einladung zu einem Treffen mit dem von ihm bewunderten, ebenso reichen wie exzentrischen Firmengründer Nathan.

Zu seiner Überraschung befindet sich dessen mit aufwendigen elektronischen Systemen gesichertes Anwesen inmitten einer abgeschiedenen, nur per Helikopter erreichbaren Naturlandschaft. Dort hält sich neben Nathan nur seine junge japanische Gesellschafterin Kyoko auf. Nathan eröffnet dem noch immer überraschten Caleb, dass er auf seinem Anwesen geheime Forschungen über künstliche Intelligenz betreibt und bietet ihm die Möglichkeit zur Mitarbeit an. Caleb soll sein Studienobjekt, den weiblichen Androiden Ava, einem einwöchigen Turing-Test unterziehen, um festzustellen, ob Ava ein dem Menschen ebenbürtiges Denkvermögen besitzt.

Caleb willigt ein und unterschreibt einen Geheimhaltungsvertrag. Von Nathan durch Überwachungskameras beobachtet, führt er eine Reihe von Gesprächen mit Ava, die sich in einem durch Panzerglas abgeschirmten Wohnbereich befindet. Durch ihre sanfte und intelligente Gesprächsführung gelingt es ihr, Caleb von ihrer Individualität zu überzeugen und eine emotionale Beziehung zu ihm aufzubauen. Konfrontiert mit ihrem bevorstehenden „Tod“ durch Reprogrammierung nach Abschluss des Tests, beschließt er, die Sicherheitssysteme des Anwesens zu deaktivieren und mit Ava zu fliehen.

Nathan offenbart ihm, dass er, Caleb, das eigentliche Testobjekt seiner Studie war. Er wollte herausfinden, ob es der Maschine Ava gelingen könne, ihn so weit zu beeinflussen, dass er den Menschen Nathan hintergeht. Als es Ava gelingt, dank Calebs Vorkehrungen tatsächlich aus ihrem Wohnbereich zu fliehen, versucht Nathan, sie gewaltsam zu deaktivieren.

Ava erweist sich als kühl berechnendes Wesen. Es zeigt sich, dass sie Calebs Zuneigung gezielt benutzt hat, um ihre Flucht zu organisieren. Mit Hilfe von Kyoko, die sich ebenfalls als weiblicher Android entpuppt, ersticht sie Nathan. Kyoko wird dabei von dem sich im Todeskampf wehrenden Nathan zertrümmert. Caleb wird von Ava im Haus eingesperrt zurückgelassen; er kann mangels korrekter Key-Card den Raum, in dem er sich befindet, ohne ihre Hilfe nicht verlassen. Anschließend nimmt Ava Calebs Platz in dem für seine Abreise bereitstehenden Helikopter ein und erfüllt sich so ihre zuvor geäußerte Sehnsucht nach einem Leben unter Menschen. Am Schluss sieht man sie an einer belebten Straßenkreuzung stehen. Sie hatte vorher schon Caleb gestanden, dass es ihr größter Wunsch sei, an einer solchen Kreuzung „mitten im Leben“ Menschen und deren Verhalten beobachten zu können."

@Coati Ich frage Sie also ausgehend von der von Ihnen oben angeführten analytischen Personendefinition: Eine Person ist jemand, der nach Gründen handelt, ob Ava (aus dem oben genannten Film) eine Person ist oder ein Computer?

@Coati Vorüberlegungen zum ‘Substanz-in-Relationsein’ der menschlichen Person

„A person, like every other real being, is a living synthesis of substantiality and relationality, and the relational side is equally important as the substantial side, because it is only through the former that the self as substance can actualize its potentiality and fulll its destiny.“ (Clarke,1993, S. 64).

Die, insbesondere in der Scholastik, bekannten sieben Transzendentalien ens, res, unum, aliquid, verum, bonum, pulchrum sind Attribute, die jeglichem Sein und somit auch derPerson zu eigen sind. Die Transzendentalien übersteigen also die ontologischen Kategorien in die nach Aristoteles das kontingente Sein ein geteilt werden kann. Die Transzendentalien sind deswegen im ontologischen Sinn transkategorial, viz. sie können nicht nur innerhalb bestimmter ontologischer Kategorien des kontingenten Seiendem vorkommen, sondern auch im absoluten Sein. Wenn mit Aristoteles davon ausgegangen wird, dass alles kontingente Seiende in zehn Kategorien eingeteilt werden kann und die Kategorie der Substanz sich von den neun anderen Kategorien der Akzidenzien fundamental unterscheidet, kann gefragt werden, zu welcher dieser Seinskategorien die menschliche Person gehört. Überdies ist alles Seiende etwas Bestimmtes.
Der Substanz können bestimmte Akzidenzien bzw. akzidentale Eigenschaften inhärieren. Es kann in einem anderen Sinn auch von wesensnotwendigen Eigenschaften gesprochen werden, diese unterscheiden sich von den zufälligen oder beiläufigen Eigenschaften des Seienden. Welcher Sachverhalt liegt dieser Unterscheidung zu Grunde? Wie in den methodischen Reflexionen dargelegt, wird in dieser Arbeit die Auffassung verteidigt, dass jedes Seiende ein Sosein bzw. Wesen hat. Wird das, was als Wirklichkeit bezeichnet werden kann, betrachtet, so lassen sich verschiedene Dinge unterscheiden. Was ist für diesen eigentlich selbstverständlichen Sachverhalt, der wegen seiner Selbstverständlichkeit vielfach stillschweigend als gegeben vorausgesetzt wird, der ontologisch zureichende Grund? Oder anders gefragt, warum gibt es einheitliches Seiendes, das durch etwas Ontologisches von anderem Seienden abgegrenzt ist? Was ist der ontologisch zureichende Grund für die Einheit und den Selbstand von Seiendem? Könnte es nicht auch sein, dass das Seiende stufenlos in ein anderes übergeht. Ist z. B. der Kirschbaum vor meinem Fenster solch ein einheitliches Ding, das ontologisch klar von dem Anderen in seiner Umgebung abgrenzt ist, oder bin ich es, der diese Einheit setzend, als eben diese, mir erscheinende, bestimmt? Durch die einleitenden methodologischen Reflexionen (Kap. 2.) kann klar ausgeschlossen werden, dass das erkennende Subjekt sich die Wirklichkeit in allen Wirklichkeitsbereichen selbst setzt. Somit soll davon ausgegangen werden, dass die Dinge und ihre Einheit und Identität durch den erkennenden Geist entdeckt und erfasst werden können. Es soll nun postuliert werden, dass die Person wesensnotwendig Substanz ist. Um dieses Postulat zu prüfen, kann weiter gefragt werden, ob es mit dem intelligiblen und notwendigenWesen der Person vereinbar ist, dass die Person als Akzidens in etwas Anderem inhäriert, etwa so, wie die Farbe Blau meinem Hemd inhäriert. Oder ist es mit der notwendigen Wesenheit der Person vereinbar, dass die Person ein Zustand oder eine zeitliche Phase ist? Wäre z. B. eine Person, die der sichtbaren Natur dieser Erde inhäriert, wesensmöglich? Etwas, das einem anderem Seienden inhäriert, ist seinsheteronom und seinsunselbständig. Akzidentelles Sein kann folglich unter den Seinsbegriff 22 subsumiert werden (vgl. Abb. 4.2.). Akzidenzien, Zustände eines Seienden und zeitliche Phasen eines Seienden können somit aus sich heraus keine abgegrenzte numerische Einheit sein, nichts Identisch-Individuelles sein, das würde Seinsautonomie und Seinsselbständigkeit implizieren und damit einen Seinsdarunterstand. Akzidentien sind also nur durch die Hypostase, der sie inhärieren, von anderen Seienden abgegrenzt. Die Hypostase kann als dynamischer Seinsdarunterstand bzw. „Wesensdarunterstand“ dem Akzidenzien inhärieren können, aufgefasst werden. Unter ‘Seinsdarunterstand’ wird hier also der letzte, rein empirisch nicht feststellbare, dynamische zugrundeliegende Seinsträger der realen Dinge bzw. des realen Wesens oder der Natur verstanden. Natürlich sind zufällige Eigenschaften eines Dinges auch von anderen zufälligen Eigenschaften desselben Dinges durch ihr spezifisches Sosein abgegrenzt. So unterscheidet sich z. B. das Dunkelrotsein der Kirsche von ihrem Fruchtig-süß-Sein. Die Kirsche bliebe überdies Kirsche, auch wenn sie nicht dunkelrot ist und nicht fruchtig-süß wäre. Ihre Farbe und ihr Geschmack sind somit für das Kirschsein nicht soseinskonstitutiv und damit akzidentell.

Was ist eine konstitutive Natur?

Diese Gedanken sollen nun noch etwas vertieft werden, damit das Resultat der Überlegungen auf die Person übertragen werden und hier möglicherweise zu vertiefender Erkenntnis führen kann. Was ist für das Kirschsein der Kirsche seinskonstitutiv? Wenn es nicht die zufälligen Bestimmtheiten (Eigenschaften) der Kirsche sind, die das Sosein der Kirsche ausmachen, so ist es vielleicht die Summe der charakteristischen Eigenschaften der Kirschfrucht? Wäre diese These richtig, so ist die Kirsche ein Konglomerat von bestimmten charakteristischen
Eigenschaften. D. h. die Kirschfrucht wäre keine einheitliche Ganzheit, hätte kein Wesen, sondern ein zufällig bzw. formlos zusammengesetztes Konglomerat von einzelnen Bestimmtheiten von etwas, das nicht mehr wäre als eben diese Bestimmtheiten. Wenn die Kirsche als Frucht keine reine ungeordnete Ansammlung von akzidentellen Proprietäten ist, so wird ihr Sosein durch ein einheitsstiftendes Ordnungsprinzip, einen einheitsstiftenden ontologisch zureichenden Grund bestimmt. Dieser kann mit Ingarden als konstitutive Natur oder als konstitutivesWesen bzw. als konstitutive Form bezeichnet werden.

Der empirisch-funktionalistische Personbegriff kennt kein Wesen, keine konstitutive Natur oder substanzstiftende Form des Menschen und der menschlichen Person, deshalb fasst die empirisch-funktionalistische Persondefinition die menschliche Person als ein Bündel oder eine Ansammlung von bestimmten personalen Eigenschaften bzw. personalen Merkmalen, z. B. Bewusstseinseigenschaften, auf. Hierdurch wird u. a. die Identität der menschlichen Person zum Problem, denn welche Eigenschaft von etwas kann ontologisch personale Selbigkeit zureichend begründen? Eigenschaften setzenwesensnotwendig Identität voraus, ansonsten können es nicht Eigenschaften von etwas sein. Denn ohne die Selbigkeit diesesEtwas kann nichts seine Eigenschaft sein, da es als Etwas nicht existent ist. Aufgrund dieser und anderen Sachverhalten ist der empirischfunktionalistische Personbegriff inkohärent und inkonsistent, weshalb er nicht der gesuchte, adäquate Personbegriff sein kann.

Ein wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen Person und Nicht-Person hängt mit der ontologischen Beziehung von Personsein und ihrem konstitutiven Wesen, ihrer Form bzw. ihrer konstitutiven Natur zusammen. Angenommen, es handelt sich bei der soeben thematisierten Kirsche um eine reife dunkelrote Kirschfrucht, die ich eben vom Kirschbaum gepflückt habe. Da ich schon einige Kirschen gegessen habe, möchte ich sie an einem anderen Tag essen und bringe sie deshalb in einen Kühlschrank. Wenn ich nach zwei Tagen wieder in den Kühlschrank schaue, liegt dort eine Kirsche, wenn niemand sie weggenommen hat. Die Kirsche hat sich akzidentell verändert, sie ist z. B. kühler geworden, aber sie ist ein und dieselbe Kirsche geblieben, die ich vor zwei Tagen in den Kühlschrank gelegt habe. Was ist hierfür der ontologisch zureichende Grund?Wann verändert sich ein Ding so sehr, das es nicht mehr das ist, was es einmal war? Bewegen,Werden bzw. sich verändern kann nur etwas, das ist. Gibt es einen Unterschied zwischen der Veränderung einer realisierten chaotischen Soseinseinheit, z. B. eines Geröllhaufens und der Veränderung einer realisierten sinnvollen Soseinseinheit, wie z. B. des menschlichen Leibes? Der Seinsdarunterstand (das Zugrundeliegende) der Kirsche trägt die konstitutive Kirschnatur. Die konstitutive Kirschnatur besitzt bestimmte notwendige Wesenscharakteristika.

Vollzieht sich an der Kirsche eine solch große Veränderung, sodass die konstitutive Form (das Wesen bzw. die Natur) verfällt, z. B. indem bestimmte notwendige Wesenseigenschaften nicht mehr gegeben sind, etwa wenn die Kirsche verfault, so hat die Kirsche qua Kirsche aufgehört zu existieren, da sich ihr konstitutives Wesen verändert hat. D. h. weil die chaotische Soseinseinheit ein „chaotisches Wesen“ hat, lässt sie potentiell mehrere Veränderungen zu als ei ne sinnvolle Soseinseinheit, ohne dass Wesensveränderung zustande kommt.

Diesen Exkurs abschließend, kann also gemäß der eingangs dargelegten philosophischen Methode
resümiert werden, dass jedes selbständige Ding ein Wesen und damit auch eine konstitutive Natur hat, die nicht durch das Denken oder Erkennen des Menschen entsteht (oder dgl.), sondern durch den menschlichen Intellekt entdeckt und mittels der geistigen Anschauung als Verwirklichung der notwendigen Wesenheit, nach dem das reale Wesen ist, betrachtet werden kann. Dies gilt natürlich nur dann, wenn das Sosein der Dinge für den menschlichen Intellekt intrinsisch intelligibel ist, jedenfalls der Möglichkeit nach. Auch existieren die Akzidenzien nicht qua se, sondern ihr Dasein wird ihnen von der Substanz verliehen. Sie werden somit von dem dynamischen Seinsdarunterstand, der z. B. im Fall der menschlichen Person nicht einfach „hinter dem menschlichen Selbstbewusstsein steht“, im Dasein erhalten.

Warum die menschliche Person kein Akzidenz sein kann?

Durch diese skizzenhaften Ausführungen soll die Wesensunmöglichkeit des Akzidenzseins-der-Person deutlich gemacht werden. Gibt es noch weitere Wege der Erkenntnis, durch die diese Erkenntnis vermittelt werden kann? Prinzipiell scheint hierfür jeder intelligible personale Akt geeignet zu sein, z. B. der Erkenntnisakt der Person, dem erkennenden Subjekt diese Einsicht vermitteln zu können. Erkenntnis kann es nicht geben, ohne dass im abstrakten Sinn ge sprochen, ein Träger bzw. Subjekt der Erkenntnis existiert, der etwas erkennt. Das Trägersein einer Erkenntnis bedingt wesensnotwendig, dass das Sein des Erkenntnisträgers nicht wieder getragen werden kann. Warum ist dies so? Dies hängt auch mit dem notwendigen Wesen der Erkenntnis zusammen. Denn mit jeder echten Erkenntnis ist u. a. eine Berührung des erkennenden Subjektes mit dem Erkenntnisobjekt gegeben. Hierdurch wird auch eine Selbsttranszendens des erkennenden Subjektes vollzogen. Es kann aber keine echte geistigerkennende Berührung geben, wenn nicht ein letzter dynamischer Erkenntnisträger (Darunterstand) existiert, der das bewusstseinstranszendente Erkenntnisobjekt
unmittelbar berührt. Ohne eine unmittelbare intellektive Berührung kann es aber keine echte Erkenntnis geben. Werden diese Sachverhalte bedacht, kann die Erkenntnis bzw. Einsicht vermittelt werden, dass es wesensnotwendig zum bewussten bzw. erwachten menschlichen Personsein gehört, etwas überhaupt erkennen zu können. Dieses genuin menschlich-personale Vermögen ist ontologisch im menschlichen Personsein, das sich zum bewussten Personsein entfaltet hat, ontologisch fundiert. Diese Erkenntnis basiert auf dem intelligiblen Satz vom zureichenden ontologischen Grund.

Das Erkenntnisvermögen der bewussten menschlichen Person ist folglich noch grundlegender als das Intentionale-Vermögen der menschlichen Person. Denn um bewusst auf etwas überhaupt ausgerichtet zu sein, bedarf es der ontologisch fundierten genuin personalen Fähigkeit der Erkenntnis. Nur Personen können somit im Vollsinn des Wortes ‘Erkenntnis’ erlangen bzw. etwas einsehen, z. B. einen notwendigen Sachverhalt verstehend geistig umgreifen und so verinnerlichen. D. h., im Fall der Erkenntnis eines notwendigen Sachverhalts, zu verstehen, dass er sich so und so verhalten muss und sich nicht anders verhalten kann, als er sich verhält, in keiner möglichenWelt. Eine Erkenntnis ist
somit ein personaler Akt, der für das überaktuelle Eigenleben der menschlichen Person, das auch notwendigerweise zum bewussten bzw. erwachten menschlichen Personsein gehört, von entscheidender Bedeutung ist. Erkenntnis wird hier als synthetische Erkenntnis a priori bzw. a posteriori verstanden. Es gibt somit keinen Erkenntnis- resp. Informations- resp. Sinnzuwachs eines Erkennissubjektes, wenn es niemanden gibt, der etwas erkennt bzw. Information geistig aufnimmt. Ein lebloses Ding oder ein unbewusstes (kein Bewusstsein bzw. keinen Geist habendes) Subjekt kann nichts verstehen und geistig-erkennen, da ihm die notwendigen und hinreichenden Voraussetzungen für die rationale Erkenntnis überhaupt fehlen. Mit diesen Sachverhalten hängt auch das notwendig zum bewussten bzw. erwachten Personsein gehörende Vermögen der Wahrheitsfähigkeit der menschlichen Person zusammen.

Dass die menschliche Person in etwas Anderem inhäriert, ein reiner Bewusstseinsstrom, eine zeitliche Phase, ein Zustand von Etwas ist etc., ist also nicht nur psychologisch-denkunmöglich, sondern wesensunmöglich, wie dies durch die eben angeführten Sachverhalte, u. a. ex negativo, gezeigt worden ist. Mit der Wesenheit der menschlichen Person, die in jedem realen Wesen der menschlichen
Person individuell verwirklicht ist, ist es nicht vereinbar, eine akzidentale Eigenschaft eines dynamisch-geistigen Seinsträgers bzw. eine einheitskonstituive Seinsform oder ein Seinsfundament zu sein. Hieraus kann allerdings nicht berechtigterweise geschlussfolgert werden, dass hierdurch das Substanzsein der menschlichen Person erwiesen worden ist. Denn aus dem Nicht-möglich-seinvon-
Etwas folgt nicht der positive Beweis für etwas bzw. das Bestehen eines Sachverhaltes; in diesem Fall, dass die menschliche Person wesensnotwendig Substanz sei.

Um im Sinn der in der Einführung dargelegten Methode zur Sache selbst geistig vorzustoßen und mit dieser in eine, das eigene erkennende Subjekt transzendierende, erkenntnistheoretische Berührung zu treten, ist es notwendig, sich von vielen vorherrschenden Meinungen und philosophischen Vorurteilen frei zu machen. Dies gilt insbesondere für bestimmte philosophische Begrifflichkeiten, die von Vertreten bestimmterWeltanschauungen negativ konnotiert worden sind. Vor diesem geistigen Hintergrund erinnert Spaemann zu Recht daran, dass Philosophie zu treiben soviel heißt, wie „selber denken“ und dass der Philosophierende kein „Vorabanpasser“ ist, sondern nachWahrheit suchen soll, die für die menschliche Person, der Möglichkeit nach und bestimmt durch das Erkenntnisobjekt, erkennbar ist. D. h. in diesem Kontext geht es um die ontologische Wahrheit der menschli chen Person, da auch der PhilosophierendeMensch ist. Unter diesem Terminus der ‘ontologischenWahrheit’ wird hier das zu ergründende eigentliche Sein der menschlichen Person, also das urphänomenale menschliche Personsein in Abgrenzung zu philosophischen Denkkonstrukten und Doxologien zum Sein der menschlichen Person verstanden.

Zur Substanzialität der menschlichen Person

Die Substanzialität der menschlichen Person gilt es einerseits von den negativen Konnotationen, mit denen die Substanz im Laufe der Philosophiegeschichte belegt worden ist, zu befreien. Andererseits ist es aber notwendig, nach den Gründen zu forschen und zu fragen, was die zureichenden philosophischen Grün de für diese geistesgeschichtliche Entwicklung sind. Etwa, wenn der Substanz z. B. eine Adynamik im Sinn des Ausdruckes der „Klotzsubstanz“ unterstellt wird. Das Substanzsein der menschlichen Person ist freilich nicht ausschließlich empirisch-induktiv wahrnehmbar. Trotzdem ist natürlich jede Einsicht bzw. jede nicht-empirische Erkenntnis empirisch vermittelt. Die Substanzialität der menschlichen Person kann also nicht als solche gesehen, getastet, gerochen oder geschmeckt werden, wenn sie auch indirekt durch den personalen Leib erfahrbar wird. Die Substanzialität der Person bezeichnet somit den dynamisch-geistigen, einheitstiftenden Seinsdarunterstand, der eine rationale Natur normalerweise bewusst trägt und damit besitzt. Bei der menschlichen Person subsistiert die rationale Natur im geistig-personalen Seinsdarunterstand. Dieser ist auch für den
personalen Leib desMenschen seinskonstitutiv und hat nichts mit Starrheit etc. gemein.

Die menschliche Person ist eine Einheit von Leib und Geistseele. D. h., weder der Körper als solcher noch das geistige Lebensprinzip für sich allein sind eine menschliche Person. Wird folglich das personal-geistige Lebensprinzip durch den Tod vom Leib getrennt, so ist es, unter der Annahme der Unsterblichkeit zwar weiterhin das vom Leib getrennte personal-geistige Lebensprinzip, aber keine ‘ontologisch-eigenständige’ menschliche Person, die eine Einheit von Leib und Geistseele ist. Wird der geistige Seinsdarunterstand der menschlichen Person negiert, so wird auch entgegen der Alltagserfahrung und anderer empirischer Erfahrungen, sowie der einsichtigen Selbsterfahrung die diachronale Identität der menschlichen Person trotz aller materieller Veränderungen, denen der personale Leib des Menschen im Laufe seines Lebens unterworfen ist, fragwürdig bzw. unbegründbar. Die absolut gewisse Erkenntnis um das bewusste bzw. erwachte Personsein im si fallor sum oder im cogito sum, die durch nichts rein Materielles erklärt werden kann, kann es ohne das geistig-substantielle Sein der menschlichen Person nicht geben. Dies ist deswegen so, da z. B. eine Erkenntnis und das Verstehen eines bestimmten Sachverhaltes einen rationalen Geist voraussetzen, der ein Urphänomen ist und sich jeglichen Reduktionsversuchen, z. B. der Reduktion auf reine Materie und dgl. entzieht. Das reale Sein lässt sich einerseits als solches Sein begreifen, das in-sich-selbst-steht, subsistiert, also Eigenständigkeit, Selbstand besitzt. Welche weiteren wesensnotwendigen Charakteristika sind mit der Substanzialität des Seienden gegeben? Es kann, noch ohne verschiedene Arten von Substantialität zu unterscheiden, durch geistiges Hinblicken auf die Hypostase, den Seinsdarunterstand, die Erkenntnis vermittelt werden, dass mit dem In-sich-selbst-Stehen kontingenter Seiender auch eine Einheit und Geschlossenheit des Selbstandes verbunden sein muss. Überdies ist durch die Suche nach dem Seinsbegriff, der mit dem notwendigen Wesen der Person kompatibel ist, vertiefend deutlich geworden, dass zur notwendigen Wesenheit der Person (ratio formalis) nicht nur Seinsselbständigkeit, sondern auch Seinsautonomie gehört (vgl. Abb. 4.2.). Ferner besitzt die menschliche Person als dieses einmalig-individuelle menschliche Personsein eine höhere Form der Seinsaktivität und Seinsselbstmitteilung und damit auch eine höhere Form der Seinsrelationalität als alle nicht-personalen Substanzen und auch alle nicht-personalen Lebensformen (vgl. Abb. 4.6.). Die Seinsaktivität und Seinsselbstmitteilung der menschlichen Person gründet wesentlich in ihrem Substanzsein. Die geistige Substanz der menschlichen Person ist also qua ihres Substanzsein auf Bezogenheit zu anderem Seienden hin angelegt. Diesen entscheidenden Aspekt des geistigen Personseins desMenschen zu verkennen, heißt letztendlich auch seine Substantialität zu verengen und damit letztendlich zu verkennen.

Somit wird auch deutlich, dass Substanzsein nichts mit der Starrheit und adynamischer Abgeschlossenheit eines „Seinsklotzes“ oder dgl. zu tun hat, vielmehr können diese inadäquaten Aufassungen auf einem reduktionistischen Seinsbegriff oder anderen Reduktionismen, wie z. B. dem Mind-Brain-Reduktionismus zurückgeführt werden. Diese Reduktionismen sind deswegen inadäquaten Auffassungen, da sie der Wirklichkeit der menschlichen Person nicht gerecht werden, denn eine erwachsene und bewusste menschliche Person zeichnet sich im Kontrast zu allem apersonalem Seienden durch höchste Seinsaktivität und Seinsmitteilung aus. Dieser Sachverhalt wird z. B. im Phänomen der communio-stiftenden personalen Liebe von Mann und Frau deutlich.

Wie bsd. im Kap. 4.7. herausgearbeitet wird, besitzt die Seinsaktivität und Seinsmitteilung der menschlichen Person, abhängig von den verschiedenen Entwicklungsstufen und Graden der Vervollkommnung der menschlichen Person unterschiedliche Formen und Abstufungen. Die Seinsaktivität und Seinsmitteilung der menschlichen Person münden schließlich in ihrer Selbsttranszendenz auf ein anderes Du hin. Da die bewusste und erwachte menschliche Person Herr ihrer selbst ist, besitzt sie sich bewusst und kann sich an ein anderes Du verschenken und so per Selbsttranszendenz in der Selbstverschenkung zur nicht direkt-intendierten Seinsvertiefung und Seinsvollendung ihrer selbst gelangen. Werden ferner verschiedene substantielle Seiende auf eben erwähnte Charakteristika hin miteinander verglichen, so fällt auf, dass diese je vollkommener ausgeprägt sind, desto höher das jeweilige Seiende in der Seinsordnung angesiedelt ist. D. h. die Seinsvollkommenheit steht in direkter Korrelation zur Vollkommenheit der jeweiligen Substanz. Und andererseits existiert solches Sein, das keinen Seinsdarunterstand hat und somit auch nicht in sich selbst steht, also keinen Selbstand besitzt. Letzteres ist „hinzugetretenes Sein“, das einem anderen Selbstand inhäriert. Das hinzugetretene Sein eines einzelnen Dinges kann auch als dessen nicht-wesentliche Eigenschaften bezeichnet werden. Der ontologische Unterschied zwischen dem Selbstand-Sein und dem Nicht- bzw. Hinzugetretenen-Sein ist ein fundamentaler. Er ist alles andere als überkommend, ob er nun z. B. in der Scholastik thematisiert worden ist oder nicht, ändert nichts an dem Bestehen dieses intellegiblen Sachverhaltes. So ist z. B. einsichtigerweise mit Ingarden vor der unbewussten Vermengung von Eigenschaften und Sachverhalten zu warnen. Natürlich gibt es auch andere Erklärungsansätze und philosophische Theorien, doch widersprechen diese m. E. den angedeuteten, prinzipiell einsichtigen und im Sosein der Wirklichkeit fundierten wesensnotwendigen Sachverhalten. Der Selbstand ist nicht per se etwas Adynamisches und Starres, sondern eine gewisse Vollkommenheit, die dem dynamischen und adynamischen Sein unhintergehbar zu Grunde liegen kann.

Mit der nächsten Antwort komme ich zum vorläufigen Abschuss meiner Antwort auf Ihre @Coatis Frage.

Vielen Dank! Über die basalen Relationen, die ich mir nochmal angeschaut habe, ist mir nun die Einteilung klarer; das war beim ersten Hören untergegangen. Dennoch frage ich mich, warum Ihnen der substanzontologische Personbegriff nicht genügt. In den weiteren Vorlesungen wird ja immer mit ihm argumentiert. Wozu benötigen Sie den relationalen Begriff? Zugesprochen / Verliehen von wem bzw. was? Aber vielleicht verstehe ich nicht genau: „relational“ heißt vmtl. „in Relation“, und das ist mir auch beim zweiten Anhören der Vorlesung „Sind alle Menschen Personen?“ und Konsultation von philosophischen Lexika nicht klar geworden.

Zur Frage, ob eine Person jemand ist, der aus Gründen handelt, hat mir Ihre Antwort, aber auch besonders die Diskussion am Ende der vierten Vorlesung sehr geholfen. Ich denke, dass ich da jetzt klarer sehe. Danke.

Zu Ihrer ersten Antwort zum Personbegriff: Vielen Dank! Mir leuchtet der Argumentationsgang ein, insbesondere die Unterscheidung zwischen Begriff, Wesen und idealer Wesenheit.
Aber warum ist PERSON kein Gattungsbegriff? Können nicht diverse Entitäten unter diesem Begriff zusammengefasst werden – so Gott, Engel, Menschen?